
30 Folgen

hr2 Dokumentation und Reportage hr2
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- Gesellschaft und Kultur
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4,6 • 8 Bewertungen
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Aufwändig produzierte Feature, investigative Recherchen und einfühlsame Porträts
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100 Jahre Schweigen. Deutsches Giftgas in Marokko
Es war weltweit der erste Giftgasangriff aus der Luft. 10 000 Behälter Giftgas "Made in Germany" wurden innerhalb von drei Jahren über dem Rif-Gebiet im Norden Marokkos abgeworfen. Spanien und Frankreich führten in den 1920er Jahren Krieg gegen die Bevölkerung des Rif. Das Giftgas "Lost" wurde von dem deutschen Chemiker Hugo Stoltzenberg entwickelt und in Marokko und Spanien hergestellt, obwohl die Entwicklung von Giftgas mit dem Versailler Vertrag verboten war.
Noch 100 Jahre später bleibt dieser Kolonialkrieg mit deutscher Beteiligung weitgehend unaufgearbeitet, sowohl in Marokko als auch in Deutschland, in Spanien und Frankreich. Es fehlen Opferzahlen, Studien, offizielle Statistiken. Klar ist: Tausende verloren während der Angriffe ihr Leben, gesundheitliche Schäden trugen noch viel mehr Menschen davon; bis heute liegt die Krebsrate in dieser Region 60 % höher als im Rest Marokkos. Das Rif im Norden Marokkos ist ein vernachlässigtes Gebiet. Die Infrastruktur ist weit schlechter als in anderen Teilen Marokkos, es mangelt an Krankenhäusern, Schulen und Perspektiven. Immer wieder gab es darum Proteste, wie zuletzt 2017, die immer wieder von der marokkanischen Regierung brutal niedergeschlagen wurden.
Seit den 60er Jahren entwickelte sich eine starke Migrationsbewegung aus dem Rif nach Deutschland und in andere Länder Europas. Im Rhein-Main-Gebiet wie auch im Ruhrgebiet ist die marokkanische Community aus dem Rif besonders groß, und die Folgen der Giftgasangriffe, nämlich viele epigenetische Krebsfälle beschäftigen die Betroffenen in jeder Generation aufs Neue - vor Ort in Marokko und ebenso in Deutschland.
100 Jahre nach den Angriffen gehen Andrea Geißler und Christiane Kreiner in Frankfurt und ARD-Korrespondentin Dunja Sadaqi in Marokko den vielen offenen Fragen nach: Wieso ist heute so wenig über diesen Krieg bekannt? Wieso wissen so wenige Menschen über die Beteiligung Deutschlands an der Produktion und Lieferung des Giftgases in diesem Krieg? Wie gehen in Deutschland lebende Nachkommen aus dem Rif mit dieser Geschichte um? Und wie verhält sich die Bundesregierung zur Aufarbeitung dieser historischen, völkerrechtswidrigen Verbrechen?
Es äußern sich u.a. die Frankfurter Imazigh-Influencerin Amal El Ommali, Journalist (und zugleich Betroffener) Mohamed Amjahid, Historiker Sebastian Balfour und Völkerrechtsexperte Prof. Thilo Marauhn sowie Betroffene aus dem Rhein-Main-Gebiet und der Rif-Region in Marokko. -
100 Jahre Schweigen. Deutsches Giftgas in Marokko
Es war weltweit der erste Giftgasangriff aus der Luft. 10 000 Behälter Giftgas "Made in Germany" wurden innerhalb von drei Jahren über dem Rif-Gebiet im Norden Marokkos abgeworfen. Spanien und Frankreich führten in den 1920er Jahren Krieg gegen die Bevölkerung des Rif. Das Giftgas "Lost" wurde von dem deutschen Chemiker Hugo Stoltzenberg entwickelt und in Marokko und Spanien hergestellt, obwohl die Entwicklung von Giftgas mit dem Versailler Vertrag verboten war.
Noch 100 Jahre später bleibt dieser Kolonialkrieg mit deutscher Beteiligung weitgehend unaufgearbeitet, sowohl in Marokko als auch in Deutschland, in Spanien und Frankreich. Es fehlen Opferzahlen, Studien, offizielle Statistiken. Klar ist: Tausende verloren während der Angriffe ihr Leben, gesundheitliche Schäden trugen noch viel mehr Menschen davon; bis heute liegt die Krebsrate in dieser Region 60 % höher als im Rest Marokkos. Das Rif im Norden Marokkos ist ein vernachlässigtes Gebiet. Die Infrastruktur ist weit schlechter als in anderen Teilen Marokkos, es mangelt an Krankenhäusern, Schulen und Perspektiven. Immer wieder gab es darum Proteste, wie zuletzt 2017, die immer wieder von der marokkanischen Regierung brutal niedergeschlagen wurden.
Seit den 60er Jahren entwickelte sich eine starke Migrationsbewegung aus dem Rif nach Deutschland und in andere Länder Europas. Im Rhein-Main-Gebiet wie auch im Ruhrgebiet ist die marokkanische Community aus dem Rif besonders groß, und die Folgen der Giftgasangriffe, nämlich viele epigenetische Krebsfälle beschäftigen die Betroffenen in jeder Generation aufs Neue - vor Ort in Marokko und ebenso in Deutschland.
100 Jahre nach den Angriffen gehen Andrea Geißler und Christiane Kreiner in Frankfurt und ARD-Korrespondentin Dunja Sadaqi in Marokko den vielen offenen Fragen nach: Wieso ist heute so wenig über diesen Krieg bekannt? Wieso wissen so wenige Menschen über die Beteiligung Deutschlands an der Produktion und Lieferung des Giftgases in diesem Krieg? Wie gehen in Deutschland lebende Nachkommen aus dem Rif mit dieser Geschichte um? Und wie verhält sich die Bundesregierung zur Aufarbeitung dieser historischen, völkerrechtswidrigen Verbrechen?
Es äußern sich u.a. die Frankfurter Imazigh-Influencerin Amal El Ommali, Journalist (und zugleich Betroffener) Mohamed Amjahid, Historiker Sebastian Balfour und Völkerrechtsexperte Prof. Thilo Marauhn sowie Betroffene aus dem Rhein-Main-Gebiet und der Rif-Region in Marokko.
hr 2023 -
Warum Selbstverantwortung so mühsam ist - Es ist so bequem, unmündig zu sein
Nichts scheint für den modernen, aufgeklärten Menschen selbstverständlicher und nichts erweist sich in Wahrheit als schwieriger, als Verantwortung für sich selbst und für das eigene Tun zu übernehmen. Wie bedenkenlos - und oftmals, ohne uns dessen überhaupt bewusst zu werden - geben wir die Verantwortung an Dritte ab. An Institutionen, Politik und Staat, an Experten, Meinungsmacher und die neuesten Digitaltechnologien. "Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt usw., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen, andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen", monierte schon Immanuel Kant in seiner berühmten Schrift "Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?" Schließlich ist es "so bequem, unmündig zu sein". An Ausflüchten, Vorwänden, Ausreden hat es noch nie gemangelt, den Schritt in Mündigkeit und Selbstverantwortung lieber nicht zu wagen. Ein solcher Schritt ist mühsam. Denn es erfordert Mut, selbst zu denken, sowie Wagemut, aus seiner sog. "Komfortzone" herauszukommen - im wahrsten Sinne also 'unbequem' zu werden - und selbst sein eigenes Leben in Angriff zu nehmen, zu gestalten oder auch Dinge zu verändern. "Du musst dein Leben ändern", lautet eine bekannte Gedichtzeile von Rainer Maria Rilke. Aber wie? Das Feature möchte in Gesprächen mit Teilnehmern aus verschiedenen Bereichen dem nachgehen, weshalb Mündigkeit und Selbstverantwortung beim Einzelnen, aber auch im sozialen Miteinander so oft scheitern und wie Schritte dahin dennoch gelingen können.
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Feature über den Dramatiker Peter Hacks - zum 20. Todestag: Gespräche über den abwesenden Herrn Hacks
Er war der meistgespielte Dramatiker in beiden deutschen Staaten und ist auf heutigen Bühnen abwesend. Lebenslang hielt er an der DDR fest und umgab sich mit der Aura des Dichterfürsten. Vor 20 Jahren, am 28. August 2003, ist er gestorben. Zeit für einen neuen Blick auf Peter Hacks.
Hatte die DDR einen Goethe, und hieß er Peter Hacks? Peter wer?
Lange Zeit war der Schriftsteller auf deutschen Bühnen allgegenwärtig, vor allem mit seinem Dauerbrenner "Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe". Aus München einst in die DDR gezogen, konnten weder Stasi noch Westpresse ihn richtig einordnen. War der eigenwillige Hacks am Ende ein Oppositioneller - oder doch ein hundertprozentiger Verteidiger des ostdeutschen Staates über dessen Ende hinaus, wie es schien? Auf jeden Fall bildete Hacks seine eigene Kategorie: Kein anderer schrieb nach 1945 opulente Versdramen, kein anderer bewohnte in den Sommermonaten ein burgartiges Anwesen bei Berlin, kein anderer hatte in der DDR Hausangestellte. Auch seine Arbeitsgruppen an der Akademie der Künste der DDR, in denen er gelehrigen Schülern die Kunst des Dramas beibrachte, seine erotischen Gedichte und seine extrem polemischen, aber immer unterhaltsamen Essays weisen ihn als einen Dichterfürsten aus, einen sozialistischen Goethe, der bemüht war, eine klassische Literatur der DDR herauszubilden. Obwohl Peter Hacks schon lange vom Erfolgsautor zur Randfigur geworden ist, hält sich bis heute eine kleine, aber bedeutende Schar von Anhängern, Weggefährten, Kritikern, die mehr oder weniger Hacksianer sind. Jan Decker besucht sie und spricht mit Jens Sparschuh, Kerstin Hensel, Dietmar Dath, dem jungen Kabarettisten Marco Tschirpke und vielen anderen über den abwesenden und doch auf seine spezielle Art weiterhin sehr präsenten Herrn Hacks. -
Wissenschaftsfreiheit - Doku über drohende Cancel Culture in Wissenschaft und Forschung
Die Universität als Spielort des freien Denkens, von Rede und Gegenrede, wird immer wieder Schauplatz von Auseinandersetzungen über Ansprüche von Teilgruppen der Gesellschaft. Minderheiten wie etwa transsexuelle Menschen oder People of Color, die in der Vergangenheit angefeindet, nicht gehört wurden und unterrepräsentiert waren, fordern ihren Platz im wissenschaftlichen Diskurs. Doch das führt auch dazu, dass Universitäten kontroverse Veranstaltungen absagen, und junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ohne Beamtenstatus um ihre Karriere fürchten.
Einzelfälle werden von rechten Ideologen inszeniert oder aufgebauscht, um Reformen und neue wissenschaftliche Inhalte einzuschränken, behaupten die einen. Die Minderheiten verfolgen eine „linksidentitäre Läuterungsagenda“ und wollen bestimmen, worüber an der Universität geforscht und gesprochen werden darf, sagen die anderen.
Das Feature untersucht am Beispiel der Konflikte von drei Forscherinnen, ob die heftigen und hässlichen Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen Gruppen lediglich Episoden sind oder ob die Universität zunehmend den offenen Diskurs verlernt. -
Indien und die Beatles - Auf den Spuren einer anhaltenden Faszination
Im Februar 1968 reisten die Beatles mit ihren Ehefrauen nach Rishikesh in Indien, um im Ashram des Gurus Maharishi Mahesh Yogi zu meditieren. Es war ein medienwirksames Aufeinandertreffen von westlicher und östlicher Kultur. Doch wer hat eigentlich wen inspiriert?
Blumenbekränzte Beatles am Ufer des Ganges - die Fernsehbilder gingen rund um den Globus. Musikalisch war es beileibe nicht der erste Kontakt zwischen den Welten: Jazz und Beat waren längst in Indien angekommen. Tatsächlich aber bedeutete der Besuch in Rishikesh eine tiefe Zäsur. Der Westen begann sich für die klassische indische Musik zu interessieren. Und für indische Musiker veränderte sich durch die Beatles der Blick auf Musik überhaupt.
Das Musikportrait begibt sich auf Spurensuche in Delhi, Rishikesh, Mumbai und Goa. Zeitzeugen und Musiker und Musikerinnen aus der vielfältigen indischen Musikszene von damals und heute erzählen, wie sie persönlich von den Beatles und westlicher Musik beeinflusst wurden. Darunter der Journalist Ajoy Bose, der einen Dokumentarfilm über die Beatles in Indien produziert hat, die Musikproduzentin Kiss Nuka und der DJ und Plattensammler Nishant Mittal.
Musikfeature von den Indienkennerin und Musikenthusiastin Sigrid Pfeffer.