Karl Schlögel im Interview mit Alexander Marguier – „Das ist eine ganz ernst gemeinte Kampfansage an den Westen“

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Im Cicero Podcast Politik ist der Osteuropahistoriker Karl Schlögel zu Gast. Karl Schlögel ist einer der besten deutschen Russlandkenner. Er war Professor an der Universität Konstanz und an der Viadrina in Frankfurt an der Oder, ist aber kein klassischer Studierzimmergelehrter, sondern jemand, der sein Wissen über die Region, für die er sich interessiert und über die er forscht, durch zahlreiche ausgedehnte Reisen erschlossen hat. Mit Chefredakteur Alexander Marguier spricht er über Putins Hass auf den Westen, Frank Walter Steinmeiers Haltung zum Ukrainekrieg, die Zukunft Russlands und warum er über die Politik von Bundeskanzler Scholz verzweifelt.

Karl Schlögel: Die Mitte liegt ostwärts. Europa im Übergang, Hanser 2002 https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/karl-schloegel-die-mitte-liegt-ostwaerts-9783446251656-t-2048

Inhalt Podcast:

22:02 "Und ich finde es unglaublich, dass der Bundespräsident, Herr Steinmeier, es sich erlaubt hat, sozusagen herablassend und in einem Ton der Verächtlichkeit von den Leuten zu sprechen, die sich mit den Waffen und der Verteidigung beschäftigen." (Karl Schlögel)

30:50 "Das kann man ja Tag für Tag sehen, dass Russland zur Avantgarde der antiwestlichen, antiliberalen oder illiberalen und autoritären Strömungen wird. Und deswegen sind diese Verbindung zu Orban oder zur AfD oder zu zu eigentlich allen rechtskonservativen und rechtsextremen Strömungen sind die nicht einfach ausgedacht und nur pur instrumentell, sondern es sind innere Verwandtschaften und diese Auseinandersetzungen zu führen, hat man den Eindruck, sind wir sehr, sehr im Hintertreffen." (Karl Schlögel)

31:42 "Das kommt mir so vor wie ein Aufwachen einer eigentlich verschlafenen Gesellschaft, die nicht mitbekommen hat, was los ist. Und das betrifft eigentlich Institutionen wie Verfassungsschutz, Nachrichtendienste, politische Parteien, die mit großer Verspätung Hybriden Warfare überhaupt wahrnimmt. Und ich muss sagen, wenn man sich in dieser Szene bewegt hat, hat man einfach vor vielen, vielen Jahren alle diese Dinge schon mitbekommen." (Karl Schlögel)

38:21 "Die Triebkraft, die dieses große postsowjetische Russland in den Krieg getrieben hat, das sind innere (Gründe) und darauf haben äußere oder diplomatische Beziehungen, das wäre eine, meiner Meinung nach, totale Überschätzung, zu glauben, dass das die Ursache dafür gewesen ist. Und ich glaube, dass es weniger die NATO, sondern dass es die Unruhen, die es in Moskau gegeben hat, eben einer wachsenden Öffentlichkeit, einer zivilen Gesellschaft, also im Zuge der der Wahlfälschungen, die Massendemonstrationen in Moskau und in anderen Städten, dass das der Hauptgrund gewesen ist, um sozusagen einen kleinen erfolgreichen Krieg zu führen, um die Ruhe im Innern wiederherzustellen." (Karl Schlögel)

40:18 "Ein modernes Russland braucht keinen Diktator. Ein modernes Russland ist offen. Ein modernes Russland hat selbstständig denkende Köpfe und er hat nichts anderes gemacht und bis auf den heutigen Tag alles, was an Potenz in diesem Land drinsteckt, macht er mundtot. Verbannt er aus dem Land, er fügt dem Land einen ungeheuren Schaden zu. Und er hat keine Vorstellungen, was eigentlich ein modernes, nicht-imperiales Russland sein könnte. Und deswegen ist er nicht nur für die Ukraine und für Europa eine Katastrophe, sondern er ist eigentlich der Zerstörer Russlands." (Karl Schlögel)

43:09 Alexander Marguier bezieht sich auf ein Gespräch zwischen Gregor Gysi und Gerhard Schröder https://www.youtube.com/watch?v=ATrLGYtRCmc

46:36 Hören Sie dazu auch den Podcast mit Peter Sloterdijk und Ralf Hanselle

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