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Als Universalgelehrter der nd.Redaktion weiß der Wissenschaftsredakteur Dr. Steffen Schmidt auf fast jede Frage eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eben eine andere. Alle Folgen zum Nachhören auf dasnd.de/schmidt

Dr. Schmidt erklärt die Welt nd

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Als Universalgelehrter der nd.Redaktion weiß der Wissenschaftsredakteur Dr. Steffen Schmidt auf fast jede Frage eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eben eine andere. Alle Folgen zum Nachhören auf dasnd.de/schmidt

    Flasche ist Flasche. Mehrweg hat Vorteile

    Flasche ist Flasche. Mehrweg hat Vorteile

    In Freiburg wird seit Neuestem Wein in Bierflaschen verkauft. So richtig mit Kronkorken statt Schraubverschluss oder klassischem Weinkorken und eben mit Pfand auf der Flasche. Macht die Flasche denn einen Unterschied?




    Wenn es anständiges Glas ist, wird der Wein auch in einer Bierflasche relativ gut aufbewahrt sein. Der Punkt ist nur die Größe: bei Bier für einen halben Liter. Das Übliche bei Wein ist doch eher die Dreiviertelliterflasche, das ist dann eben eine Frage der Gewohnheit. Interessant an dem Projekt fand ich allerdings die Sache mit den Etiketten.




    Worum geht es dabei?




    Die Etiketten müssen einerseits halten, bis der Wein ausgetrunken ist. Andererseits müssen sie in der Waschanlage problemlos abgehen. Schließlich geht es in diesem konkreten Fall ja um eine Standard-Bierflasche, die gegebenenfalls beim nächsten Befüllen vor Ort – dort, wo sie abgegeben wurde – wieder mit Bier befüllt wird und ein neues Etikett braucht.




    Und macht der Kronkorken einen Unterschied?




    Das gibt oder gab es vereinzelt auch schon bei Wein. Ganz sicher aber bei Schaumwein der günstigeren Sorten, denn die müssen ja eh sehr druckfest verschlossen werden. Und da ist der Kronkorken – siehe Bier und andere kohlensäurehaltige Getränke – eine sichere Bank. Aber ein Pfandsystem macht nur für Weine Sinn, die nicht fünf bis zehn Jahre beim Kunden im Keller liegen. Das Interesse der Winzer und Weingroßhändler an dieser Idee hat vor allen Dingen damit zu tun, dass sich Glas durch die erhöhten Energiepreise gravierend verteuert hat und damit auch die Neuflaschen.




    Mein Eindruck war, das wird mit Umweltschutz-Gründen vermarktet: In der Produktion von Einwegglas entsteht Kohlendioxid, weswegen man auf ein Mehrwegsystem umsteigt.




    Das ist ein zweifelsohne vorhandener positiver Effekt. Der Verpackungsaufwand durch die Einweg-Glasflasche ist wahrscheinlich für ein Drittel bis zur Hälfte der Klimabelastungen durch die Weinindustrie verantwortlich. Eine Winzergenossenschaft wie die in Freiburg, die das jetzt macht, die wird das vielleicht tatsächlich nicht nur ökonomisch denken. Ich kann mich erinnern: Anfang der 90er wurde diese EU-Verpackungsverordnung gemacht, und im Vorfeld der Debatten darüber gab es in Deutschland schon Ärger. Denn es gab tatsächlich damals schon ein Mehrweg-Weinflaschensystem, was aber unter anderem durch Discounter sabotiert wurde. Die haben das Mehrwegsystem generell abgelehnt, weil es für sie durch zusätzliche Lagerflächen für leere Flaschen auch Mehrkosten verursacht und so ihr Kostenvorteil gegenüber dem gewöhnlichen Lebensmittel-Einzelhandel schrumpft.




    Wäre es denn möglich, Pfand auf Weinflaschen einzuführen?




    Darüber gibt es schon Debatten. Der Punkt bei Wein ist aber, dass die Anbaugebiete meist nicht identisch sind mit den Orten, wo konsumiert wird. Das heißt, du hast relativ weite Leerguttransporte, die die Umweltbilanz wieder verschlechtern. Mehrweg ist im Allgemeinen vor allem dann besonders umweltfreundlich, wenn kurze Wege dranhängen. Da wäre eine Einheitsflasche für Wein sinnvoll.




    Und würdest du Wein in einer Bierflasche kaufen?




    Warum nicht? Die Flasche ist eine Flasche, und gegenüber dem Korken haben Kronkorken wie Schraubverschluss einen Vorteil: Es kann nie korkig schmecken.

    • 13 min
    Warum können Tiere sich selbst befruchten?

    Warum können Tiere sich selbst befruchten?

    In den USA lebt der Stachelrochen Charlotte in einem Aquarium zusammen mit zwei Haien. Charlotte ist nun schwanger – wohlgemerkt, ohne Kontakt zu Artgenossen zu haben. Was ist passiert?


    Schwanger ist in dem Falle ein falsches Menschengleichnis. Haie und Rochen gehören ja zu den Tierarten, die Eier legen. Einige der Knorpelfische behalten die Eier aber im Körper und lassen die Jungtiere innerhalb des Muttertieres schlüpfen.


    Das beantwortet meine Frage nicht. Ist der Rochen von einem Hai befruchtet worden, oder hat er das selbst gemacht?


    Es deutet alles auf eine Jungfernzeugung hin, Fachchinesisch: Parthenogenese. Diese Selbstbefruchtung kommt vor allem bei Gliederfüßern, Weichtieren, Echsen und Fischen vor. Dass eines der Hai-Männchen gewissermaßen als Vater infrage käme, ist sehr unwahrscheinlich. Eine Kreuzung beider Arten wäre vermutlich auch nicht lebensfähig, denn sie sind nur sehr entfernt miteinander verwandt.


    Das ist bei Tigern und Löwen anders. Die kommen in der Natur in unterschiedlichen Lebensräumen vor, sodass sie bisher nur künstlich gekreuzt wurden.


    Richtig. Es gibt lebende Exemplare des »Ligers«. Die Arten aber sind näher verwandt. Der letzte gemeinsame Verwandte von Rochen und Hai dagegen ist 300 Millionen Jahre her.


    Zurück zu Charlotte. Warum befruchten die Rochen sich selbst?


    Es gibt einen Grundinstinkt, der das Verhalten aller Arten prägt – partiell sogar das des Menschen, obwohl man da manchmal Zweifel hat: die Arterhaltung. Und wenn ein geschlechtsreifes Weibchen einer Tierart, bei der das biologisch geht, sich lange nicht fortpflanzen kann, dann kann die Parthenogenese ausgelöst werden. Allerdings ist das bei dieser Art von Stachelrochen noch nie beobachtet worden.


    Kommt dieses Verhalten nur in Gefangenschaft vor?


    In freier Wildbahn gibt es wenig Veranlassung dazu. Die Viecher können weit schwimmen. Haie zum Beispiel schwimmen zur Paarung zum Teil Zehntausende Kilometer. Rochen sind zwar standortfester, befinden sich aber meist in Gesellschaft von Artgenossen. Die Parthenogenese hat jedoch auch Nachteile: Es kommen immer nur Weibchen heraus.


    Warum?


    Weil dem Muttertier nur der Chromosomensatz von sich selbst zur Verfügung steht.


    Das ist natürlich ein Problem, weil Charlottes Nachkommen vor dem gleichen Problem wie sie stehen.


    Richtig. Hinzu kommt: Die Parthenogenese produziert mehr oder minder dasselbe wie eine langjährige Inzucht. Und diese hat den gravierenden Nachteil, dass für bestimmte Krankheiten dann eine höhere Empfänglichkeit besteht.


    Nicht nur das. Es kommt vermehrt zu Gendefekten.


    Eben. Und die können unter Umständen zu schweren Behinderungen führen. Auch bei Tieren.


    Wurde die Parthenogenese bei Säugetieren beobachtet?


    Nein, bei Säugern ist die Jungfernzeugung aufgrund der Spezifik der Verbindungen von Eizellen und Spermatozoen nicht möglich.

    • 14 min
    Früher musste man Salzwasser aus Schälchen aufsaugen

    Früher musste man Salzwasser aus Schälchen aufsaugen

    Es ist Erkältungszeit. Inhalieren mit Salzwasser soll da ja sehr gut sein. Warum eigentlich?


    Wenn die Schleimhäute von der Nase bis in die Bronchien anschwellen durch Entzündung, dann ist die Schleimproduktion ein Teil unserer ersten Abwehr. Und damit die Schleimhäute feucht bleiben, ist Salzwasser nicht schlecht. Wenn man viel in trockener Luft zu tun hat, ist es auch ganz gut, mit Salzwasser die Nase zu spülen.


    Dazu benutzt man dieses eklige Teil, das man sich unter ein Nasenloch halten muss.


    Die Nasendusche. Das ist doch aber eigentlich praktisch. Im Vergleich zu früher, als man das mit der Nase aus irgendwelchen Schälchen aufsaugen musste … Heute ist es ganz easy. Läuft in das eine Nasenloch rein und aus dem anderen wieder raus – und jut is.


    Aber man hat das Gefühl, als würde das Gehirn durchgespült werden.


    Echt? Na, ist ja vielleicht gar nicht schlecht, das Gehirn mal durchzuspülen.


    Zurück zur Nase. Geht am Meer ein Schnupfen schneller wieder weg?


    Am Meer ist es sicher besser. Allerdings wird Meeresluft eher bei Leuten mit chronischen Atemwegserkrankungen empfohlen. Da gibt es natürlich historisch auch noch andere Methoden. Ich erinnere mich, meine Mutter, die hatte schweres Asthma als Jugendliche, und die war stinksauer, dass sie nicht nach Helgoland zur Kur geschickt wurde, sondern nur nach Bad Kösen, wo sie dann an den sogenannten Gradierwerken jeden Tag spazieren gehen musste.


    Okay, was ist das denn?


    Die Gradierwerke, das ist inzwischen höchstens noch ein technisches Denkmal oder ein Baudenkmal. Das sind relativ hohe Wände aus Holz, die im Freien aufgestellt sind, an denen Äste von Büschen befestigt sind und wo das Salzwasser aus der Tiefe der Erde hochgepumpt wird und dann von oben an diesem Buschwerk nach unten rieselt. Dabei verdunstet ein Teil des Wassers. Das war ursprünglich ein Teil der Salzgewinnungstechnologie, um in unseren ja doch etwas sonnenärmeren Gegenden schon mal eine Vorkonzentration der Salzlösung zu bekommen, um dann bei der Salzgewinnung nicht so viel Heizmaterial zu verbrennen, wenn das eingekocht wird. In der Nähe der Gradierwerke ist die Luft etwas salziger. Und das hat man irgendwann als Kuridee entdeckt.


    Und man musste an dieser Wand entlangspazieren – ich verstehe deine Mutter.


    Es ist eben nicht dasselbe wie am Meer. Am Meer hast du das quasi ständig. Und außerdem ist es natürlich etwas abwechslungsreicher. Andererseits ist das Seeklima ein etwas stärkerer Reiz für die Atemwege. Weshalb es für manche Asthmatiker im Hochgebirge besser ist, wo es ab bestimmten Höhen nur noch wenig Allergene aus der Natur gibt.


    Vor allem essen wir Salz. Karl Lauterbach klingt, als wäre es Gift.


    Na ja, ganz so eindeutig ist es nicht. Die Menge sollte fünf oder sechs Gramm am Tag nicht überschreiten, dann wird es ungemütlich. Wir brauchen Salz, also um genau zu sein, Kochsalz, NaCl, also Natriumchlorid, Hauptbestandteil dessen, was wir als Steinsalz zum Kochen verwenden. Beim Toten-Meer-Salz ist die Zusammensetzung ein bisschen anders. Wir brauchen Salz, weil das ein wesentlicher Teil unserer Körperflüssigkeiten ist. Wie doof das ist, wenn es nicht mit Salz wäre, würdest du merken, wenn du diese Nasendusche mit blankem Leitungswasser machen würdest. Das würde die Nase eher austrocknen. Denn dann würde das Salz aus den Schleimhautzellen durch den osmotischen Druck in das Spülwasser hineindiffundieren und aus unserem Körper abfließen. Wenn du mal aus den Latschen gekippt bist, Kreislaufkollaps oder so, was ich ein-, zweimal hatte ...


    Riechsalz!?


    Nee, da kommen wir nicht aufs Riechsalz. Als ich dann im Krankenhaus aufgewacht bin, hing neben mir an einem Gestell ein Beutel mit Salzlösung. Die hat dazu geführt, dass alles wieder einigermaßen in Gang kam.

    • 20 min
    Drücken am anderen Ende

    Drücken am anderen Ende

    Steffen, was hältst du von Osteopathie?




    Schwer zu sagen. Ich kenne Leute, die darauf schwören. Offensichtlich gibt es Verwandtschaften mit der manuellen Therapie. An der Osteopathie ist wahrscheinlich das Interessante, dass die sich die Zeit nehmen viel abzutasten und so Dinge finden, die du bloß durch kurz hingucken, wie es beim Orthopäden passieren kann, nicht findest.




    Ich dachte, bei der manuellen Therapie drückt man da, wo es wehtut, und bei der Osteopathie am anderen Ende.




    Ich bin davon überzeugt, dass Osteopathie bei bestimmten Sachen wirkt, die mit dem Knochen- und Muskelapparat zusammenhängen und mit Verspannungen, wovon die Menschen im Zeitalter von Stress und idiotischen Sitzhaltungen etliche haben. Aber die Grundidee von Osteopathie, die ja schon gut 140 Jahre alt ist, ist es ...




    … ganzheitlich zu wirken.




    Das meine ich eben nicht. Ganzheitlich ist Medizin, wenn sie anständig betrieben wird, sowieso. Aber der Erfinder der Osteopathie, Andrew Taylor Still, war offenbar der Meinung, dass es für alles reicht, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren. Es gab sogar Studien über die Wirkung von Osteopathie bei der Spanischen Grippe. Da habe ich doch meine Zweifel.




    Jenseits von Muskeln, Nerven, Adern und Lymphen gibt es jedenfalls keine geheimnisvollen Verbindungen im Körper?




    Das halte ich für sehr unwahrscheinlich.




    Die Traditionelle Chinesische Medizin spricht von Qis. Und von der Akupunktur weiß ich, dass es zumindest sehr empfindliche Punkte gibt.




    Wir haben ein dichtes Netz von Nervenverbindungen, von Lymphgefäßen und Blutgefäßen. Also es gibt zig Verbindungen, die teils biochemisch, teils elektrisch Teile des Körpers mit anderen verbinden. Insofern kann es sein, dass sich Punkte finden, die woanders Wirkungen zeitigen. Aber man kann damit keinen Nierenschaden heilen. Was wir heute unter Traditioneller Chinesischer Medizin verstehen, ist übrigens der Entwicklung in China geschuldet. Die Sozialisten, Sun Yat-sen und Co., hielten die traditionelle Medizin für total überholt, für vormodern. Und Maos Kommunisten haben diese These lange beibehalten, bis ihnen im Zuge ihrer Kulturrevolution die Ärzte abhanden kamen. Daraufhin wurde ein Kanon von Verfahren, so weit sie noch bekannt waren, geschaffen, der heute die Traditionelle Chinesische Medizin repräsentiert. Das ist aber wahrscheinlich nur ein Bruchteil dessen, was es früher gegeben hat.




    War man in der DDR mit China traditionell medizinisch verbunden?




    Eher nicht. Bis zur Kulturrevolution war die Begeisterung für solche Verfahren gering. Und dann verschlechterte sich das Verhältnis zu China schlagartig. Ich bin im Herbst 1967 nach Berlin-Karlshorst gekommen, wo damals die chinesische Botschaft war. Da waren überall die Jalousien runter und teils mit Farbe bespritzt. Man hatte über Lautsprecher die Bevölkerung zur Lehre Maos bekehren wollen ...




    Zumindest Homöopathie hatte ich auch eher mit alternativen Kreisen in Westdeutschland in Verbindung gebracht.




    Homöopathie hat in begrenztem Maße eine Rolle gespielt. Sie war nicht verboten, wurde aber weithin als »Paramadizin« kritisert. Es gab in der DDR ja auch Heilpraktiker, zu denen ich dank meiner Mutter, die mich mal zu einem schleppte, der nun wirklich gar keine Ahnung hatte, ein gespaltenes Verhältnis habe.




    Meine Eltern schworen auf eine Heilpraktikerin, die Iris-Diagnose machte. Nur konnte die letztlich nichts heilen.




    Das ist ein Problem der Medizin insgesamt. Es gibt eine Menge Krankheiten, wo man trotz richtiger Diagnose nichts machen kann, und bestimmte Verschleißerscheinungen reparieren sich im Alter nicht mehr von selbst. Ansonsten gilt: Wer was wie gut kann, das weiß man als Patient immer erst hinterher.

    • 17 min
    Warum schimmelt die Tapete?

    Warum schimmelt die Tapete?

    Steffen, ich habe bei mir im Schlafzimmer an einer der Außenwände Schimmel entdeckt. Warum schimmelt dort die Tapete?




    Du hast ein wichtiges Wort gesagt: Außenwand. Ich nehme an, es handelt sich um ein Gebäude mit eher mäßig guter Wärmedämmung der Außenwände.




    Das Gebäude ist nach der Wende schnell gebaut worden. Also: ja.




    Sodass die Außenwände im Winter ordentlich kühl werden.




    Richtig.




    Wenn mehrere Personen in so einem Zimmer sind, dann atmen sie Wasserdampf aus, der anschließend an kühlen Wänden kondensiert. Und auf diese Weise bietest du Pilzsporen, die praktisch überall in der Luft sind, eine günstige Gelegenheit, sich anzusiedeln. Und die Tapete besteht aus mehreren Materialien: angefangen von der Zellulose im Papier bis hin zu dem Leim in der Leimfarbe und dem Leim unter der Tapete. Alles Sachen, die Schimmelpilze gern haben.




    Wenn meine Wand gut gedämmt wäre, dann würde das Kondenswasser nicht an ihr hängenbleiben. Sprich: Ich hätte keinen Schimmel?




    Ihr heizt vermutlich wenig im Schlafzimmer?




    Kaum.




    Siehst du. Das kühlt die Wand zusätzlich ab.




    Ist Schimmel an den Wänden gefährlich?




    Nur, wenn einer von euch eine Allergie hat gegen die entsprechende Schimmelpilzart oder ob einer von euch eventuell ein geschwächtes Immunsystem hat. Wenn beides nicht der Fall ist, ist die Gefahr überschaubar.




    Hilft lüften gegen den Schimmelbefall?




    Nach dem Duschen, wo große Mengen Kondenswasser entstehen, ist das Lüften wichtig. Dann kann der Dampf gut abziehen. Allerdings gibt es auch Räume ohne Fenster. Und ob da die Lüftung immer effektiv ist? Deshalb geht wohl nichts daran vorbei, die Wände vernünftig zu isolieren. Wie hast du deinen Schimmel bekämpft?




    Ich habe die Tapete etwas mit dem Cutter angeschnitten, den befallenen Teil abgezogen und die Wand mit Chlorspray bearbeitet. War das richtig? Oder hätte ich da irgendwas anderes benutzen müssen?




    Damit hast du das Problem sicherlich an der Stelle bekämpft. Und wenn du schön aufgepasst hast, dass du nicht allzu viel von dem Spray einatmest, ist es sicherlich okay. Ansonsten sind natürlich solche aggressiven Mittel nicht ungefährlich




    Was kann ich stattdessen nehmen? Essig?




    Essig würde die Sache höchstens oberflächlich beseitigen. Denn bei Schimmel ist es wie bei allen anderen Pilzen auch: Du siehst nur einen Bruchteil des Gesamtlebewesens. Das meiste ist in oder unter der Tapete. Da kannst du mit Alkohol, Wasserstoffperoxid oder Aceton so viel wischen, wie du willst. Wahrscheinlich ist die Entfernung und Entsorgung der Tapete das Zuverlässigste, was du machen kannst.




    Ich habe noch ein anderes Problem im Schlafzimmer: meine Fenster. Die »schwitzen« im Winter so stark, dass man sie morgens trocken wischen muss.




    Ich vermute, dass das Isolierglas in euren Fenstern nicht mehr dicht ist. In den modernen Fenstern sind ja zwei bis drei Glasscheiben mit einem Hohlraum dazwischen eingebaut. Anders als beim traditionellen Doppelfenster befindet sich im Hohlraum zwischen den Scheiben ein Edelgas als Wärmedämmung. Entweicht das durch eine undichte Verbindung der Scheiben, ist die Wärmedämmung der Fenster deutlich geringer. Sprich: Die Scheiben sind kalt, wenn’s draußen kalt ist. Und dann kondensiert der ausgeatmete Wasserdampf eben an den Fensterscheiben. So wie an der Tapete.

    • 15 min
    Machten DDR-Suppenwürfel wirklich Krebs?

    Machten DDR-Suppenwürfel wirklich Krebs?

    Ein Feuilleton-Kollege hat erzählt, er geht zum Konzert der Band Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs. Der Name muss irgendwas mit der »Bild«-Zeitung zu tun haben. Gab es mal einen Skandal um Brühwürfel in der DDR?




    Jein, es wurde einer gemacht. Allerdings ist das schon verdammt lange her. Es wundert mich eigentlich, wie eine Band, die aus den 80er Jahren stammt, zu so einer alten »Bild«-Zeitungs-Schlagzeile kam. Denn die ist von 1952.




    Oha.




    Hintergrund war, dass in der Mangelsituation kurz nach dem Krieg die sowjetische Besatzungsmacht die Großbetriebe, die noch halbwegs funktionierten, verpflichtete, auch Konsumgüter zu produzieren. Und beim späteren Chemiekombinat Bitterfeld erinnerte man sich daran, dass sie dort schon während des Krieges als Teil der IG Farben an Lebensmittelersatzstoffen gearbeitet hatten. Das konkrete Werk war Bitterfeld-Nord. Folgerichtig nannten sie ihr Produkt »Bino-Würze«. Und da hat offenbar jemand die Idee aufgebracht, wenn das aus dem Chemiebetrieb kommt, kann es eigentlich nur giftig sein.




    ... und Krebs erzeugen.




    Es wurde behauptet, dass ein Abfallstoff aus der Chemie in der Bino-Würze verarbeitet worden wäre. Wie bei vielen erfolgreichen Lügen war das eine Halbwahrheit. Es waren zwar Abfallstoffe drin, aber eben aus dem Lebensmittelbereich. Fisch- und Fleischabfälle, Knochen und nicht zu vergessen Horn, Kuhhorn. All das musste dann chemisch so behandelt werden, dass wasserlösliche Eiweiße rauskamen.




    Sonst wäre die Brühe einfach Pulver geblieben?




    Das wäre nicht einfach nur Pulver geworden, es hätte auch nicht den Würzeffekt gehabt. Bei dem Zersetzungsprozess entstehen verschiedene Endprodukte, darunter einzelne Aminosäuren wie zum Beispiel die Glutaminsäure. Und deren Salz Natriumglutamat ist ja der klassische Geschmacksverstärker. Und wenn heute irgendwo draufsteht ohne Geschmacksverstärker, aber mit Hefeextrakt, dann ist das praktisch dasselbe in Hellgrün.




    Ist das gar nicht besser?




    Nö, da Hefeextrakt nicht mehr die Hefe ist, sondern auch schon ein verarbeitetes Produkt, nimmt sich das in dem Punkt nichts.




    Und an welchem Punkt nimmt es sich was?




    Weil im Unterschied zur ursprünglichen Bino-Würze keine tierischen Bestandteile drinstecken. Maggi und Konsorten waren übrigens eine Antwort auf ein früheres Industrieprodukt. Die meisten Leute werden den Erfinder heute nicht mehr kennen – Justus Liebig, später dann von Liebig, Chemiker des 19. Jahrhunderts.




    Nach dem ist die Uni in Gießen benannt.




    Genau. Der hat nicht nur entdeckt, dass in der Hefe wertvolle Nährstoffe für die menschliche Ernährung stecken. Er erfand außerdem noch ein Produkt, das bis vor wenigen Jahren noch zu kaufen war: Liebigs Fleischextrakt. Und das hatte eine amüsante Vorgeschichte. Liebig hatte nämlich die Herstellungsmethode veröffentlicht. Und das las zufälligerweise ein Mensch, der kurz zuvor in Südamerika unterwegs war und in Uruguay riesige Rinderherden gesehen hat, von denen damals nur die Felle, also die Häute für Leder und natürlich die Haare für Filz und vielleicht noch die Knochen zur Gewinnung von Gelatine genutzt worden sind. Für die Gelatine soll der US-Konzern Eastman Kodak später sogar eigene Rinderherden gehalten haben, damit die Qualität der Filme konstant bleibt.




    Was für eine Verschwendung.




    Das Fleisch in den Mengen konnten die Argentinier und Uruguayer nie im Leben aufessen. Und Mitte des 19. Jahrhunderts gab es ja noch keine Kühlschiffe. Das heißt, ein erheblicher Teil des Fleischs wurde dort den Geiern überlassen. Und der Handelsreisende meinte, man könnte das Ganze industriell aufziehen und die preisgünstig verfügbaren Rindfleischmengen zu Extrakt verarbeiten. Tatsächlich ist das dann auch so gelaufen. Und Liebig hat seinen Namen dazugegeben. Ich weiß nicht, ob er dafür auch bezahlt worden ist. Heutzutage hätte man wahrscheinlich ordentlich Geld dafür kassiert. Diese Firma muss es bis

    • 18 min

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