Jörgis Leben Valery

Mit einem fröhlichen “Guten Morgen Schmid, wie geht’s dir?” wollte Jörgi seinem Nachbarn die Laune am Morgen versüßen. Doch Schmid grummelte nur: “Sind wir hier bei Ikea im Bällebad oder warum duzen wir uns?” Für Schmid war dieser Tag so dunkelgrau wie jeder andere.

Seit letztem Mittwoch wurde Jörgi abgehört. Seine ganze Wohnung war verwanzt worden, da war er sich sicher.

Mittlerweile hatte Jörgi den Eindruck, dass die Personaler alle unter einer Decke stecken. Vielleicht hatten sie einen Geheimbund, der regelmäßig zur Versammlung einlud. Bei Kerzenschein und Vollmond kämen alle Personaler der ganz großen Unternehmen zusammen, einigen sich allesamt auf die gleichen Bewerbungsgesprächsfragen und würden so feierlich ihre Fantasie begraben.

Formulare, Schreiben und Rechnungen stapelten sich mittlerweile in einem so großen Umfang auf Jörgis Tisch, dass sie zusammengenommen fast ein eigenes Möbelstück ergaben. Langsam musste Jörgi sich fragen, ob der Stapel überhaupt zur Einrichtung passte.

Die Sitze im Bus sahen so aus, wie sie rochen. In den Sitzpolstern steckte gewissermaßen das Sitzgedächtnis der gesamten Stadt. Die Stoffbezüge waren mit jeder Körperflüssigkeit, jedem Mittagessen und der Restwärme von jedem Fahrgast bestens vertraut und haben diese mit ihrer weichen Oberfläche liebevoll aufgenommen und für immer in sich gespeichert.

Am Bahnhof gab es einen Automaten, der warme Suppe oder wahlweise einen Kaffee ausgeben konnte – durch denselben Schlauch. Jörgi wollte eine Suppe essen, aber hatte Angst vor der Kaffeenote in seiner Suppe.