5 min

Versagensängste und deren Hintergründe Stefanie Reimann Führen im Vertrauen

    • Parenting

Ich bin nicht die Einzige, die schon öffentlich blossgestellt
wurde, im Gegenteil.
Besonders geeignet dafür war in meinem Fall die Schule. Ich erinnere mich
daran, wie ich als Kind an die Tafel gerufen wurde, um eine Aufgabe zu lösen,
die mein Wissen überstieg. Die Klasse und der Lehrer fanden das lustig und ich
wäre am liebsten im Boden versunken.
Noch schlimmer war es für mich, an einem Elternbesuchstag vorzulesen. Es war
schon nicht leicht, dabei in der Klasse mehrmals zu versagen, aber dann auch
noch vor der ganzen Elternschar ...
Dies sind nur zwei Beispiele aus einer ganzen Reihe von Geschichten dieser Art.
Schon wenige solcher Erfahrungen können zu einer Versagensangst führen. Viele
Menschen können von verschiedensten «traumatisierenden» Erlebnissen berichten.

Vor Kurzem beriet ich eine Mutter, deren Tochter wieder einmal
versucht hatte, sich vor der Schule zu drücken, weil eine Prüfung vor der Tür
stand. Aus Sicht der Mutter war diese Angst unbegründet, denn schliesslich sei
sie eine gute Schülerin.
Je mehr sie ihrer Tochter liebevoll Mut zusprach mit Sätzen wie: «Du schaffst
das, meine Liebe, ich weiss, wie gut du das kannst, entspann dich», desto mehr
spitzte sich die Situation zu. Ich empfahl ihr, auf solche Sätze zu verzichten.
Sie erhöhen oft den Druck und die Angst.
In einer solchen Situation ist es einem Kind unmöglich, sich zu entspannen und
seine Gefühle zu ändern. Ein Kind kann nicht einfach entscheiden, wie es sich
fühlt, und deshalb dieser Aufforderung nicht nachkommen, auch wenn sie noch so
ermutigend gemeint ist.
Unter anderem riet ich der Mutter, ihr Kind zu spiegeln, seine Gefühle ernst zu
nehmen und zu benennen. Das hilft und beruhigt und schafft eine stärkende
Verbindung, nicht nur zwischen Mutter und Kind, sondern auch vom Kind zu sich
selbst. Dann fällt es leichter, darüber zu sprechen, und es können weitere
Schritte unternommen werden.

In Kurzform könnte das etwa so aussehen:

«Ich habe
Bauchschmerzen und will heute nicht in die Schule gehen, Mama.»

Antwort in neutralem Ton, eventuell Mimik des Kindes imitieren: «Du willst
heute nicht in die Schule, Lisa, du hast Bauchweh. Komm einmal zu mir. Oh,
Bauchschmerzen, das ist nicht angenehm.»

Dann empfehle ich, für einen kurzen Moment einfach nur da zu sein, innezuhalten
für ein paar Sekunden, ohne zu agieren. Das hat oft eine grössere Wirkung, als
man denkt. Diese kurze Stille auszuhalten, ist gar nicht so einfach! Aber du
könntest dir angewöhnen, dabei einmal tief ein- und auszuatmen, denn der Atem
spielt bei diesem Thema eine wichtige Rolle. Vielleicht steckst du sogar dein
Kind an und es atmet mit dir mit!

Du könntest
dann fragen: «Hast du neben den Bauchschmerzen auch ein bisschen Angst oder
bist du nervös? Erzähl doch mal.»

Sei offen für das, was dein Kind dir sagen will, und wenn du Zeit hast, biete ihm ganz nebenbei einen warmen Tee an. Aber versuche, nicht in Mitleid zu verfallen. Die Situation aushalten zu können und Stärke zu zeigen, wäre in diesem Moment hilfreich. Denn so weiss dein Kind: Egal, was es auf den Tisch bringt, du kannst damit umgehen und es (er)tragen. Darüber zu sprechen, ohne zu bewerten, die Gefühle auszudrücken und schliesslich zu akzeptieren, hilft schon sehr viel und ist ein grosser Puffer gegen die Angst! Ziel ist es, dass das Kind erfährt, dass seine Gefühle wahrgenommen werden und seine Signale eine Bedeutung haben.
Grundsätzlich ist Angst ein ebenso normales wie sinnvolles Gefühl. Sie schützt vor Gefahren und setzt zusätzliche Energie frei. Angst kann aber auch so stark sein, dass sie lähmt. Dann sind wir als Bezugspersonen herausgefordert.

Ich bin nicht die Einzige, die schon öffentlich blossgestellt
wurde, im Gegenteil.
Besonders geeignet dafür war in meinem Fall die Schule. Ich erinnere mich
daran, wie ich als Kind an die Tafel gerufen wurde, um eine Aufgabe zu lösen,
die mein Wissen überstieg. Die Klasse und der Lehrer fanden das lustig und ich
wäre am liebsten im Boden versunken.
Noch schlimmer war es für mich, an einem Elternbesuchstag vorzulesen. Es war
schon nicht leicht, dabei in der Klasse mehrmals zu versagen, aber dann auch
noch vor der ganzen Elternschar ...
Dies sind nur zwei Beispiele aus einer ganzen Reihe von Geschichten dieser Art.
Schon wenige solcher Erfahrungen können zu einer Versagensangst führen. Viele
Menschen können von verschiedensten «traumatisierenden» Erlebnissen berichten.

Vor Kurzem beriet ich eine Mutter, deren Tochter wieder einmal
versucht hatte, sich vor der Schule zu drücken, weil eine Prüfung vor der Tür
stand. Aus Sicht der Mutter war diese Angst unbegründet, denn schliesslich sei
sie eine gute Schülerin.
Je mehr sie ihrer Tochter liebevoll Mut zusprach mit Sätzen wie: «Du schaffst
das, meine Liebe, ich weiss, wie gut du das kannst, entspann dich», desto mehr
spitzte sich die Situation zu. Ich empfahl ihr, auf solche Sätze zu verzichten.
Sie erhöhen oft den Druck und die Angst.
In einer solchen Situation ist es einem Kind unmöglich, sich zu entspannen und
seine Gefühle zu ändern. Ein Kind kann nicht einfach entscheiden, wie es sich
fühlt, und deshalb dieser Aufforderung nicht nachkommen, auch wenn sie noch so
ermutigend gemeint ist.
Unter anderem riet ich der Mutter, ihr Kind zu spiegeln, seine Gefühle ernst zu
nehmen und zu benennen. Das hilft und beruhigt und schafft eine stärkende
Verbindung, nicht nur zwischen Mutter und Kind, sondern auch vom Kind zu sich
selbst. Dann fällt es leichter, darüber zu sprechen, und es können weitere
Schritte unternommen werden.

In Kurzform könnte das etwa so aussehen:

«Ich habe
Bauchschmerzen und will heute nicht in die Schule gehen, Mama.»

Antwort in neutralem Ton, eventuell Mimik des Kindes imitieren: «Du willst
heute nicht in die Schule, Lisa, du hast Bauchweh. Komm einmal zu mir. Oh,
Bauchschmerzen, das ist nicht angenehm.»

Dann empfehle ich, für einen kurzen Moment einfach nur da zu sein, innezuhalten
für ein paar Sekunden, ohne zu agieren. Das hat oft eine grössere Wirkung, als
man denkt. Diese kurze Stille auszuhalten, ist gar nicht so einfach! Aber du
könntest dir angewöhnen, dabei einmal tief ein- und auszuatmen, denn der Atem
spielt bei diesem Thema eine wichtige Rolle. Vielleicht steckst du sogar dein
Kind an und es atmet mit dir mit!

Du könntest
dann fragen: «Hast du neben den Bauchschmerzen auch ein bisschen Angst oder
bist du nervös? Erzähl doch mal.»

Sei offen für das, was dein Kind dir sagen will, und wenn du Zeit hast, biete ihm ganz nebenbei einen warmen Tee an. Aber versuche, nicht in Mitleid zu verfallen. Die Situation aushalten zu können und Stärke zu zeigen, wäre in diesem Moment hilfreich. Denn so weiss dein Kind: Egal, was es auf den Tisch bringt, du kannst damit umgehen und es (er)tragen. Darüber zu sprechen, ohne zu bewerten, die Gefühle auszudrücken und schliesslich zu akzeptieren, hilft schon sehr viel und ist ein grosser Puffer gegen die Angst! Ziel ist es, dass das Kind erfährt, dass seine Gefühle wahrgenommen werden und seine Signale eine Bedeutung haben.
Grundsätzlich ist Angst ein ebenso normales wie sinnvolles Gefühl. Sie schützt vor Gefahren und setzt zusätzliche Energie frei. Angst kann aber auch so stark sein, dass sie lähmt. Dann sind wir als Bezugspersonen herausgefordert.

5 min