12 min

Was ist schlimm‪?‬ Führen im Vertrauen

    • Parenting

Wo ich diesen Text schreibe bin ich auf der Rückfahrt aus Abano. Wir fahren durch die Poebene und die Erinnerungen an die Woche sind präsent. Wir haben eine Woche mit Behinderten und sog. Normalen - gut gemischt - verbracht. Das Ziel waren die Thermalbäder in Abano, die für körperlich Behinderte ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. 

An einem Nachmittag habe ich eine kleinwüchsige Frau im Rollstuhl durch die Stadt Este geschoben und gesehen, was Rollkies bedeuten kann…Was für eine unbekannte Welt war das für mich, als sie von ihrem Leben erzählte, von ihrem Freund, dessen Rollstuhl unweit von uns von jemand anderem geschoben wurde. 

Einmal mehr wurde mir bewusst, wie wenig Lebensfreude, Glück und Wohlbefinden mit den äusseren Umständen zu tun haben. Die Bilder tauchen wieder vor mir auf: Ich sah Menschen in schlimmen Lebensumständen in herzlicher Umarmung, angstvolle Augen trotz herrlicher Aussicht, Ablehnung und Kopfschütteln oder glückliches Staunen angesichts der überwältigenden Kuppel der Kathedrale. Ich erlebte mein eigenes Gemüt schwankend zwischen Begeisterung, Nachdenklichkeit, Trauer und - ja manchmal auch Unverständnis.

Wie entsteht sie eigentlich, unsere Art Dinge zu deuten, zu interpetieren? Wie kommt es, dass die einen das berühmte Glas halb leer bzw. halb voll wahrnehmen? Wir Eltern und Grosseltern haben bestimmt viel damit zu tun, unsere eigene Erziehung und wohl auch die Erziehung unserer Eltern. Je länger ich mich mit all diesen Zusammenhängen beschäftige, desto mehr wird mir bewusst, dass es nicht in erster Linie darum gehen kann, nur die äusseren Umstände der Kinder richtigzustellen, sondern ihnen vielmehr zu helfen, die Dinge so zu deuten, dass Zuversicht und Lebensfreude nicht beeinträchtigt werden, dass die Herzen der Kinder weich und verletzlich bleiben und deshalb reifen können. 

Das würde wohl bedeuten, dass wir bei uns selber anfangen, bei unserer Kindheit und einem gnädigen Blick auf unsere eigenen Eltern und uns fragen: Könnte man die Ereignisse auch ganz anders deuten? Wie soll das Kind den zornigen Blick des Vaters deuten? Das Knurren des Hundes? Den Kuss der Nachbarin? Könnte es sein, dass unser Grosser tatsächlich so wenig Schlaf braucht und ich nur meine Mutter sagen höre, dass die Kinder um sieben ins Bett gehören? Könnte es sein, dass sich unser Sohn aus Fürsorge mit dem Übelsten der Klasse zusammentut? Könnte es sein, dass mein Kind sich nicht auf die Lehrerin einlassen will, weil ich sie nicht ausstehen kann? Ja, und was triggert diese Frau in mir? 

Wie könnte meine Mutter das gemeint haben, wenn sie mir verbot, mit Toni zu spielen? Was könnte mein Papa gedacht haben, als er mir den Aufsatz zerriss? Damals fühlte ich mich gedemütigt. Vielleicht wollte er mir nur helfen meine Nachlässigkeit zu überwinden.

Wo ich diesen Text schreibe bin ich auf der Rückfahrt aus Abano. Wir fahren durch die Poebene und die Erinnerungen an die Woche sind präsent. Wir haben eine Woche mit Behinderten und sog. Normalen - gut gemischt - verbracht. Das Ziel waren die Thermalbäder in Abano, die für körperlich Behinderte ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. 

An einem Nachmittag habe ich eine kleinwüchsige Frau im Rollstuhl durch die Stadt Este geschoben und gesehen, was Rollkies bedeuten kann…Was für eine unbekannte Welt war das für mich, als sie von ihrem Leben erzählte, von ihrem Freund, dessen Rollstuhl unweit von uns von jemand anderem geschoben wurde. 

Einmal mehr wurde mir bewusst, wie wenig Lebensfreude, Glück und Wohlbefinden mit den äusseren Umständen zu tun haben. Die Bilder tauchen wieder vor mir auf: Ich sah Menschen in schlimmen Lebensumständen in herzlicher Umarmung, angstvolle Augen trotz herrlicher Aussicht, Ablehnung und Kopfschütteln oder glückliches Staunen angesichts der überwältigenden Kuppel der Kathedrale. Ich erlebte mein eigenes Gemüt schwankend zwischen Begeisterung, Nachdenklichkeit, Trauer und - ja manchmal auch Unverständnis.

Wie entsteht sie eigentlich, unsere Art Dinge zu deuten, zu interpetieren? Wie kommt es, dass die einen das berühmte Glas halb leer bzw. halb voll wahrnehmen? Wir Eltern und Grosseltern haben bestimmt viel damit zu tun, unsere eigene Erziehung und wohl auch die Erziehung unserer Eltern. Je länger ich mich mit all diesen Zusammenhängen beschäftige, desto mehr wird mir bewusst, dass es nicht in erster Linie darum gehen kann, nur die äusseren Umstände der Kinder richtigzustellen, sondern ihnen vielmehr zu helfen, die Dinge so zu deuten, dass Zuversicht und Lebensfreude nicht beeinträchtigt werden, dass die Herzen der Kinder weich und verletzlich bleiben und deshalb reifen können. 

Das würde wohl bedeuten, dass wir bei uns selber anfangen, bei unserer Kindheit und einem gnädigen Blick auf unsere eigenen Eltern und uns fragen: Könnte man die Ereignisse auch ganz anders deuten? Wie soll das Kind den zornigen Blick des Vaters deuten? Das Knurren des Hundes? Den Kuss der Nachbarin? Könnte es sein, dass unser Grosser tatsächlich so wenig Schlaf braucht und ich nur meine Mutter sagen höre, dass die Kinder um sieben ins Bett gehören? Könnte es sein, dass sich unser Sohn aus Fürsorge mit dem Übelsten der Klasse zusammentut? Könnte es sein, dass mein Kind sich nicht auf die Lehrerin einlassen will, weil ich sie nicht ausstehen kann? Ja, und was triggert diese Frau in mir? 

Wie könnte meine Mutter das gemeint haben, wenn sie mir verbot, mit Toni zu spielen? Was könnte mein Papa gedacht haben, als er mir den Aufsatz zerriss? Damals fühlte ich mich gedemütigt. Vielleicht wollte er mir nur helfen meine Nachlässigkeit zu überwinden.

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