33 episodios

Vertonte Gedichte und Kurzgeschichten.

Zettel und Zeilen Kerim Mallée

    • Arte

Vertonte Gedichte und Kurzgeschichten.

    Die Welt in einer Manteltasche

    Die Welt in einer Manteltasche

    In meinen Lungen warten noch so viele Worte, 

    die wichtig sind auf ihren Auftritt,

    Doch das Zugfenster zwischen 

    uns lässt nur Lippenbewegungen zu.

    So zufrieden wie nie und gleichzeitig 

    hätte ich von allem, 

    gerne noch mehr gehabt.

    Noch eine Zigarette am 

    Küchentisch vor dem  Schlafengehen.

    Noch einmal jede deiner Bewegungen 

    in der zu engen Badewanne spüren, 

    während das Plätschern des Wassers 

    von den Badezimmer-Kacheln hallt.

    Noch einmal dein verschlafenes Gesicht 

    nach dem Aufwachen sehen 

    und nicht sicher sein, 

    ob du im Schlaf sprichst, 

    oder bereits mit mir.

    Noch einmal spüren, 

    wie sich unsere Hände in meiner 

    Manteltasche 

    berühren, während der Schnee unter 

    unseren Schuhen knirscht und 

    Hundegebell übers Feld klingt.

    Noch einmal auf den Lehnen einer Parkbank 

    sitzen, weil die Sitzfläche selbst 

    voller Eis ist.

    Eine Woche, war so lang 

    und viel zu kurz zu gleich.

    Dein Lächeln fühlt sich an wie Trost, 

    deine Arme wie ein Heim.

    Meine Schultern schmerzen weniger von dem Gepäck, 

    das ich mitnehme und mehr von dem, 

    das ich zurücklasse.

    Ich versuche mir vorzustellen, 

    wie ich deine Hand wieder halte, 

    diesmal nicht in einer Manteltasche, 

    weil es dann wärmer ist und der Wind sich 

    mehr nach Lachen anfühlt, als nach Winter 

    und nach Sonnencreme und Sommer riecht.  

    • 1 min
    Wie ein Feuer am Waldrand

    Wie ein Feuer am Waldrand

    Gedanken, so verschwommen

    Wie weiße Hunde in sibirischem Schnee.

    Die Luft undurchsichtig vom Regen, 

    der die Nähe meines Körpers sucht,

    Wie Meteoriten den Einschlag:

    Ein stürmisches Spiegelbild 

    der Unruhe in meinem Kopf.

    Und zwischen der Unruhe, 

    Inseln der Konzentration:

    Deine Haut, die die Kälte fernhält,

    Wie ein Feuer am Waldrand.

    Mein Bewusstsein, das mit allen Sinnen 

    Nach dir tastet, wie mit unterschiedlichen Händen,

    Wie nach Bedeutung mit unterschiedlichen Sprachen,

    Nach schlichten Wahrheiten, wie dem Moos

    Auf den Küstenfelsen und dem Gras auf den Dünen,

    Dem salzigen Wind, der deine Worte,

    Jedoch nicht dein Lächeln verschluckt,

    Während deine Füße unter den hochgekrempelten Hosenbeinen,

    Zentimeter tief im Watt versinken. 

    • 1 min
    Lampenfieber

    Lampenfieber

    Eine kurze Vorstellung

    bis die Scheinwerfer 

    des vorbeifahrenden Wagens, 

    mich für Momente blind 

    in die Nacht entlassen.

    Aus dem Lärm des Sturmes,

    in die Stille unter den Wellen.

    in die Stille, 

    in der Entscheidungen entstehen,

    wie es anderswo Gefühle tun. 

    wie es anderswo Gedichte tun.

    Die ein bereits zum Scheitern 

    verurteilter,

    doch gerade deshalb schöner, 

    Versuch sind,

    die verletzliche Oberfläche 

    der Wahrheit zu enthüllen,

    auf eine Art, wie es die 

    zögerliche Sprache 

    eigentlich nicht kann:

    konsequent wie es Autoscheinwerfer 

    tun:

    zu hell, als dass, 

    Augen es sehen könnten

    und zu schnell, 

    als dass es irgendwer verstünde.

    • 1 min
    Von einem Kontinent zum nächsten

    Von einem Kontinent zum nächsten

    Ehe vom Tag ein blasses Rosa bleibt,
    Ehe der ausblutende Himmel blaugrau und
    Dann Dunkel wird:
    Die letzte richtige Glut des Jahres,
    Die im gleichen Rot schimmert,
    Wie jene Fragmente von Tagen,
    Als die Sommersonne hinter den nur leicht
    Geschlossenen Lidern
    Leuchtete.
    Und diese Ähnlichkeit,
    Spannt eine Brücke aus Assoziationen
    über die Zeit,
    Zu den verschwommenen Umrissen,
    Eines nur wenig jüngeren,
    Doch so ganz anderen Selbsts,
    Die man wie ein unscheinbares Fossil
    Am Straßenrand aufliest,
    In der Klarheit eines fragilen Moments.
    Ehe der Tag in sich zusammenstürzt,
    Weil der Himmel zu leicht ist, ihn zu halten,
    Und die Straßenlaternen,
    Welten mit viel kleinerem Radius auf das
    Pflaster zeichnen,
    So, dass zwischen Schritten,
    Kontinente liegen.

    • 1 min
    Die unverständliche Zeit

    Die unverständliche Zeit

    Zeit verstehen können nur die Uhren, 

    doch dem Menschen ist sie fremd,

    der sich in ihr bewegt wie auf einem Jahrmarkt:

    Der Abend ist jung, alles ist einfach.

    Aber was deutlich war, verschwimmt zu

    Einer Welt im Vorübergehen.

    Zuckerwatte knistert lauter 

    als Auto-Scooter zusammenstoßen 

    und 

    Gebrannte Mandeln, die nach Karamell schmecken,

    Lebkuchen, der nach Honig riecht,

    Sägespäne, die unter den Schuhsohlen wispern,

    das alles ist eins und doch für sich,

    so wie das Gefühl, 

    dass es in den nächsten Tagen noch regnen wird.

    Erleichterung für unsere Seelen

    die vor den Küsten in der Luft baumeln, 

    dort mit den Triebwerken der Flugzeuge tanzen.

    Die Welt nimmt unsere Farbe an, 

    unseren Geruch und unseren Klang 

    und wo die Wellen an den Küsten brechen 

    finden sich im Rauschen unsere Stimmen.

    Die unverständliche Zeit ist alles was wir haben

    und der Himmel, der an Regentagen blutet,

    damit wir nicht in ihm ertrinken.

    • 1 min
    Hinter verschlossenen Türen

    Hinter verschlossenen Türen

    Die Märchen die,
    die Henker dieser Stadt ihren Kindern
    vor dem Schlafen vorlesen,
    Sind die gleichen wie die von allen Eltern.
    Die von glücklichen Ehen und absoluter Autorität.
    Die, dass Eltern irgendetwas anderes wären,
    Als fehlbare, sterbliche, gewöhnliche Menschen,
    Die am Ende selbst vorm Henker stehen.
    Dass du dein Glück schon in den Händen hältst,
    Wenn du nur hart genug daran arbeitest.
    Dass wir in einer Welt lebten,
    In der wir alle gleich sind.
    Glückliche Familien sind alle gleich.
    Aber hinter verschlossenen Türen
    Ist dieses Glück ein fragiles Gut.
    Und dennoch gibt es so etwas wie vollkommene Tage.
    Ich denke an die Möglichkeiten.
    Ich denke an die Welt da draußen:
    An Fledermäuse, die sich an Kakteen hängen,
    wie Vorhänge an die Fenster in unserem Schlafzimmer.
    Mein Lächeln gilt dem nächsten Tag.
    Auch wenn es Tage, Wochen dauert.
    Selbst heiße Wüstenluft ist frisch,
    Wenn sie beim Steigen nicht an Zimmerdecken stößt.
    Kerim Mallée

    • 1 min

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