„KI wird den Mainstream-Markt zerstören – und dann neu aufbauen“

F.A.Z. Künstliche Intelligenz

Der deutsche Fotograf Boris Eldagsen gewann 2023 mit einem KI-generierten Bild den renommierten Sony World Photography Award - und lehnte diesen daraufhin ab. Denn die Bilderstellung mit KI sei etwas völlig anderes als die Kunstform des Fotografierens. Begeistert ist Eldagsen trotzdem: KI sei für Kunstschaffende „ein tolles Werkzeug“, erzählt er im F.A.Z. KI-Podcast. Kreative könnten nun unabhängig von Ort, Außentemperatur, Lichtverhältnissen oder verfügbarer Technik mit ihren Prompts genau die Bilder erstellen, die sie sich vorstellen. Unerfahrene könnten einen Großteil des kreativen Prozesses der KI überlassen, wohingegen Experten in der Lage seien, mit ihrer Erfahrung das perfekte Bild zu erzeugen. Das kann aber dauern: Denn ein einfacher Prompt mit dem Wort „Katze“ erzeuge genau jene Katze, die statistisch am häufigsten in den Trainingsdaten enthalten ist. Sei eine andere Katze erwünscht, müsse diese im Prompt spezifisch ausdifferenziert werden. Die Arbeit am Prompt richte sich deshalb stark nach dem kreativen Anspruch des Künstlers: „Möchte ich etwas, das dem Mainstream entspricht, kann ich das in Sekunden haben. Möchte ich etwas, das sich davon unterscheidet, brauche ich mehr Zeit. Wenn ich eine neue Arbeit anfange, experimentiere ich am Textprompt bis zu 2,5 Wochen“, sagt Eldagsen KI werde gravierende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt der Künstler haben. Denn die KI werde bei allem, „was den Mainstream betrifft, den ganzen Markt zerstören - und wieder aufbauen. Weil die KI den Mainstream super kann – das ist das statistische Mittel.“ Als Beispiel zieht Eldagsen amerikanische Blockbuster heran, deren Szenen zwar actiongeladen, ihre Geschichten jedoch schon von Anfang an vorhersehbar sind. „Das ist Standard, das ist Mainstream, das kann die KI. Das wird die KI auch übernehmen“. Ganze Filmteams seien zwar nicht komplett zu ersetzen, die Verschlankung auf kleinere Teams und wenige kreative Köpfe sei aber denkbar.
„Das Trainingsmaterial der KI ist ein Spiegel der Menschheit […], und damit zu arbeiten ist spannend. Ich bin dann in meiner Rolle nicht mehr der Künstler, der ich vorher war […] – so ein Solo-Sänger, ein Instrument. Jetzt bin ich der Dirigent und mein Chor ist das Trainingsmaterial. Ich muss versuchen, damit etwas zu schaffen. Künstlerisch ist es eine tolle Zeit.“ Die Folge ist Teil unseres Podcasts „Künstliche Intelligenz“. Er geht den Fragen nach, was KI kann, wo sie angewendet wird, was sie bereits verändert hat und welchen Beitrag sie in der Zukunft leisten kann. Hosts des Podcasts sind Peter Buxmann, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik an der TU Darmstadt, und D:ECONOMY-Redaktionsleiter Holger Schmidt. Die Podcast-Folgen erscheinen jeweils am ersten Mittwoch im Monat.

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