Habeck als wirtschaftspolitischer Märchenerzähler: „Baltic Pipe – Die Lösung all unserer Probleme!“

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Beim Bundesparteitag der Grünen in Wiesbaden hatte Robert Habeck in seiner Funktion als frisch gekürter Kanzlerkandidat und Wirtschaftsminister behauptet, die Gasmangellage ab Herbst 2022 hätte verhindert werden können, wenn von der Baltic Pipe, einer Pipeline, die „aus Norwegen, durch Dänemark nach Polen“ geht, ein 30, 40 Kilometer Strang nach Deutschland verlegt worden wäre. Dies wäre „die Lösung all unserer Probleme!“ gewesen. Da an dieser Darlegung von Habeck nachweislich von A bis Z alles falsch ist, hatten die NachDenkSeiten auf der Bundespressekonferenz einige „Verständnisfragen“ dazu. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Hintergrund und Faktencheck

„Im Spätsommer 22 wurde in Polen eine Gasleitung angeschlossen. Baltic Pipe heißt die. Sie kommt aus Norwegen, geht durch Dänemark durch quer durch die Ostsee. Es sind nur wenige Kilometer zwischen Polen und Deutschland, wo die Gaspipeline nach Polen kommt, und nach Deutschland kommt. [Im Publikum nickt Annalena Baerbock wissend] Es wäre ein Klacks gewesen, eine Leitung zu bauen, die vielleicht 20, 30, 40 Kilometer überbrückt, um die drohende Gasmangellage abzuwenden. Und als ich davon hörte, dachte ich, das ist die Lösung all unserer Probleme! Wir brauchen weniger LNG-Terminals. Ich ruf’ da mal an und frag’, ob die das nicht machen. Und was habe ich zu hören bekommen? Robert, Du bist zu spät. Wir haben Euch angefleht, dass Deutschland sich anschließt, dass Deutschland sich diversifiziert an diese Pipelines. Dass ihr nicht abhängig seid von Russland. Wir haben das vorgetragen noch und nöcher. Ihr wolltet es nicht. Die Große Koalition wollte es nicht. Nun ist die Pipeline zu klein auch noch für Deutschland.

Was ich sagen will: Wie viele Unternehmen hätten günstige Gaspreise bekommen, hätten wir diese Pipeline gehabt? Wie viele Verbraucherinnen und Verbraucher hätten keine schlaflosen Nächte gehabt, hätten wir diese Pipeline gehabt? [lächelnder Applaus von Annalena Baerbock] Diese Pipeline ist nicht gebaut worden, weil Union und SPD sie nicht bauen wollten! Das ist die Ursache der Wirtschaftskrise der letzten Jahre! Die Große Koalition hat uns wissentlich und willentlich in diese Abhängigkeit getrieben!“

Schon das einleitende Statement von Habeck, dass die Baltic Pipe angeblich „aus Norwegen“ käme, ist falsch, wie ein einfacher Blick auf die Karte zeigt:

Wie eindeutig auf der Karte zu erkennen ist, und auch in allen Quellen zu dem Thema dargelegt wird, beginnt die Baltic Pipe mitnichten wie vom Grünen-Kanzlerkandidaten behauptet in Norwegen, sondern in Dänemark. Dort wurde die Baltic Pipe lediglich als Abzweigung der bereits bestehenden Pipeline Europipe II, die Deutschland bereits auf direktem (!) Weg seit 1999 mit norwegischem Erdgas versorgt, angeschlossen. Europipe II ist dabei nur ein Teil eines größeren Transportsystems bestehend aus Europipe I und Norpipe, welches Deutschland seit Mitte der 1990er-Jahre mit Erdgas vom norwegischen Kontinentalshelf versorgt.

Dieses Pipelinesystem endet in Niedersachsen in einem riesigen Cluster aus Übergabestationen bei Dornum und Emden, die mit fast 2.200 Gigawattstunden zusammen eine Kapazität haben, die noch über die von Nord Stream I und II und die des über ukrainisches Gebiet verlaufenden Transgas-Pipelinesystems hinausgeht.

Allein aus dieser Tatsache ergibt sich die ganze Absurdität von Habecks darauffolgender Aussage, dass es angeblich ein Klacks gewesen wäre, eine Abzweigung an die Baltic Pipe zu bauen, die 30, 40 Kilometer überbrücke, um die drohende Gasmangellage abzuwenden und das dies die Lösung „all unserer Probleme“ in Bezug auf die Gasmangellage gewesen wäre.

Denn, wie auch bereits Jens Berger in einem ersten Beitrag zu den Äußerungen von Habeck

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