Vom Tabuthema zur Trauma-Kompetenz: Weshalb Wissen über Kindheitstraumata und ihre Folgen auf die Gesundheit in Unternehmen unverzichtbar ist Kindheitstraumata sink kein Randthema in unserer Gesellschaft. Sie sind ein massiver Faktor für die Entstehung von psychischen und körperlichen Erkrankungen – und betreffen uns alle. In meinem Gespräch mit Prof. Dr. Hans Grabe wird klar: Frühkindliche Belastungen beeinflussen nicht nur individuelle Biografien, sondern auch das Gesundheitssystem, Unternehmen und unsere gesamte Gesellschaft. In der neunten Episode meines trauma@work Podcasts spreche ich mit Prof. Dr. Hans Grabe, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Greifswald zugleich Professor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Greifswald. Er hat über 30 Jahre Erfahrung in Klinik und Forschung. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Genetik, Neurobiologie und Epidemiologie psychischer Erkrankungen. Mehrfach wurde er für seine wissenschaftlichen Leistungen ausgezeichnet. Doch aus meiner Sicht wird den bahnbrechenden Erkenntnissen, in der öffentlichen Diskussion bislang viel zu wenig Beachtung geschenkt. ▶️ Zum Hintergrund: Erstmals konnte im Rahmen der großangelegten NAKO Gesundheitsstudie – mit über 200.000 Teilnehmer:innen – systematisch nach Kindheitstraumata gefragt werden. Der Childhood Trauma Screener (CTS), der in der NAKO Gesundheitsstudie verwendet wurde, basiert auf einer Kurzform des international bekannten Childhood Trauma Questionnaire (CTQ) und umfasst 5 Fragen, die die zentralen Dimensionen von Kindheitstraumata abdecken und eine Einschätzung in großen epidemiologischen Studien – wie in der NAKO ermöglichen. Diese weltweit einzigartige Datenbasis erlaubt es, den Zusammenhang zwischen frühkindlichen Belastungen und ausgewählten, relevanten Krankheitsbildern eindeutig wissenschaftlich zu belegen. Das Besondere: Noch nie zuvor standen in Deutschland so umfassende, valide und repräsentative Daten zu diesem Thema zur Verfügung. Die Ergebnisse sind eindeutig – und sie zeigen: Kindheitstraumata dürfen in der gesellschaftlichen und gesundheitspolitischen Debatte nicht länger ignoriert werden. Frühe Traumatisierungen erhöhen das Risiko für zahlreiche psychische und körperliche Erkrankungen im Erwachsenenalter – signifikant und lebenslang. Prof. Grabe bringt es auf den Punkt: "Wer Kindheitstraumata ignoriert, versteht die Entstehung vieler Krankheiten nicht" 🎧 Höre jetzt rein: 👉 trauma@work Podcast auf Spotify, Apple Podcast oder direkt unter: https://www.traumakompetent.de/podcast/ Im Podcast beziehen wir uns auf diese Studie:Klinger-König J, Erhardt A, Streit F, Völker MP, Schulze MB, Keil T, Fricke J, Castell S, Klett-Tammen CJ, Pischon T, Karch A, Teismann H, Michels KB, Greiser KH, Becher H, Karrasch S, Ahrens W, Meinke-Franze C, Schipf S, Mikolajczyk R, Führer A, Brandes B, Schmidt B, Emmel C, Leitzmann M, Konzok J, Peters A, Obi N, Brenner H, Holleczek B, Moreno Velàsquez I, Deckert J, Baune BT, Rietschel M, Berger K, Grabe HJ: Childhood trauma and somatic and mental illness in adulthood—findings of the NAKO health study. Dtsch Arztebl Int 2024; 121: 1–8. DOI: 10.3238/arztebl.m2023.0225