Joram Macht Sachen

Leben, Arbeit, Wissenschaft
Joram Macht Sachen Podcast

Joram Macht Sachen. Alle zwei Wochen ein kurzer Text zu Dingen aus dem Leben, der Arbeit und der Wissenschaft. Ab und zu auch mal längere Folgen. joram.substack.com

Episodes

  1. 26/04/2023

    Ein Nachruf

    Ich weiß nicht mehr, wann ich genau angefangen habe, Podcasts zu hören. Irgendwann vor 10 Jahren, vielleicht waren es 11. Aber ich weiß noch, was ich gehört habe: die Mikrodilettanten. Gero Langisch, Phil Schmidt und Nicolas Semak waren für mich der Laberpodcast. Ich habe viele Laberpodcasts ausprobiert, aber keiner machte mir Spaß wie die Mikrodilettanten und so mussten sie alle irgendwann wieder aus der Podcast-App verschwinden. Die Mikrodilettanten blieben. Die treibende Kraft hinter den Mikrodilettanten war Nicolas – er war der Profi unter den Dilettanten. Schnell landete auch sein Format Elementarfragen in meinem Player und ich genoss seine ausführlichen Interviews mit immer wieder unkonventionellen Gästen. Nicolas bereitete sich auf die Gespräche vor wie kaum ein anderer und stellte so die richtigen Fragen. Er lenkte das Gespräch, hakte nach und brachte an die Oberfläche, worauf es ankam. Ich wusste schnell, dass ich gerne auch mal so arbeiten möchte. Vor sieben Jahren dann gründete Nicolas mit einigen Kollegen das Label Viertausend Hertz und ich war von Anfang an Fan. Das Label produzierte sehr unterschiedliche Formate, aber alle mit Haltung. Es gab keine Verrenkungen für Anzeigenkunden, es wurde gemacht, was die Produzenten richtig fanden, nicht was der Markt diktiert und von außen habe ich darin auch immer Nicolas' Handschrift erkannt. Sobald ich konnte, war ich im Klub Viertausend Hertz und habe bis auf wenige Ausnahmen alles gehört, was aus diesem Label kam. Ich habe mich irgendwann selbst weiterentwickelt, vom Hörer von Podcasts zum Produzenten, erst als Hobby, dann mit immer größeren Ambitionen. Mein Ziel war immer, irgendwann mal bei Viertausend Hertz zu arbeiten, denn niemand sonst im Podcast-Business passte so zu meinen eigenen Wertvorstellungen. Während ich mich schon traute, mich bei anderen Labels zu bewerben sparte ich mir Viertausend Hertz immer auf: ich wollte meinen Versuch nicht verschwenden, ich wollte mich dann bewerben, wenn die Chancen am besten standen. Nun, dazu kam es dann nicht mehr. Ende 2022 endete Viertausend Hertz, Nicolas und sein Kollege Christian Conradi verließen das Label, um sich auf eigene Projekte zu konzentrieren. Natürlich folgte ich Nicolas wieder, diesmal zu Superelektrik, seinem eigenen Podcast-Label. Und so traurig ich war, dass es mit Viertausend Hertz nicht mehr klappen sollte, umso optimistischer war ich, dass ich irgendwann mit Nioclas bei Superelektrik arbeiten würde. Mein Plan war: nach Ablauf meiner jetzigen, befristeten Stelle würde ich mich als erstes bei Superelektrik bewerben und dann gemeinsam mit Nicolas an spannenden Produktionen mitarbeiten. Die Formulierung in der Vergangenheitsform lässt es erahnen: auch dazu sollte es nicht mehr kommen. Heute erfuhr ich auf Twitter von der schrecklichen Nachricht: Nicolas Semak ist gestern mit nur 47 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls plötzlich verstorben. Ich konnte, nein ich kann es nicht fassen. Diese Nachricht hat mich zutiefst getroffen, denn Nicolas war mehr als nur einer dieser Podcaster da draußen. Er war Vorbild, Inspiration, Ansporn und auf eine seltsame, parasoziale Art, ein Freund im Ohr. Ich vermisse ihn schon jetzt. Nicolas hinterlässt eine große Lücke, nicht nur in der Welt der Podcasts, sondern für alle, die ihn kannten. 🖤 This is a public episode. If you would like to discuss this with other subscribers or get access to bonus episodes, visit joram.substack.com

    3 min
  2. Respektlosigkeit gegenüber Maschinen

    08/11/2022

    Respektlosigkeit gegenüber Maschinen

    Während eine nie-endende Erkältung meine Nase und Lunge in Schach hält, hat draußen ein Müllcontainer gebrannt. Nicht unserer, zum Glück, aber nah genug, dass man es riechen und sehen konnte. A pro pos brennende Müllcontainer: da war doch was. Der blaue Müllcontainer brennt Dieser Tage wärme ich mich auf an einem brennenden Twitter-Logo. Wie ungefähr niemand verpasst hat, hat der Sohn eines Edelsteinminenbesitzers aus Südafrika viel zu viel Geld für ein Online-Medium bezahlt und weil er der Typ ist, der er ist, macht er es jetzt mutwillig kaputt. Wer kann es nicht nachfühlen, wenn man aus Versehen bei Kleinanzeigen ein zu teures Fahrrad kauft und aus Ärger es gleich in den nächstbesten SUV lenkt. Jedenfalls macht Laseraugen-Elektroautoverkäufer jetzt Twitter kaputt und die Reaktionen darauf sind mir (mitunter) eine wahre Freude. Bitter ist natürlich, dass ganze Teams in Massen gefeuert werden. Ich denke jedoch, dass die meisten von ihnen mit einem hübschen CV mit prominenter Twitter-Platzierung schon bald wieder einen Job haben. Der Verlust liegt eher bei Twitter, denn ohne Human Rights oder Accessibility Teams wird die Plattform einfach nur schlechter. Und wie man so hört, werden ein paar der per Email gefeuerten mittlerweile angefleht, doch zurückzukommen. Sie würden noch gebraucht. Schön ist, dass die Don't-call-it-a-Twitter-Altervative Alternative Mastodon massiv zulauf erhält. Endlich kann man dort nicht nur männlichen Tech-Nerds zuschauen, wie sie über Mastodon schreiben, sondern auch tatsächlich sowas wie eine diverse Timeline zusammenbauen. Es sind immer noch zu viele Männers und zu wenig andere auf Mastodon, aber das ändert sich gerade. Ich selbst bin auf mastodon.social zu finden, denn bei meinem Wunschsserver chaos.social ist gerade Aufnahme-Stopp. Nur 42 Nerds werden jeden Tag um Mitternacht auf den Server gelassen. Bubble gotta stay bubbly. Witzig sind die ganzen "großen" Twitter-Accounts, die jetzt viele Zeichen darauf verwenden, Mastodon schlecht zu reden. Ganz so, wie Right-Wingers Sozialismus schlecht reden, indem sie Beispiele von Kapitalismus-Versagen aufzählen, zählen Twitter-Influencer Nachteile von Mastodon auf. Meine liebsten: Abhängigkeit von Admins (Willkür bei Account-Bans ist ja bei Twitter gar kein Thema) und schlechte UX (Twitters algorithmische Timeline wird ja weithin für die usability gefeiert). Naja, da sehen halt ein paar Leute ihre Follower-Felle davon schwimmen. Ich sehe darin eine große Chance. Denn fast alle, die heute auf Twitter groß sind, sind es aufgrund ihres Empörcontents – und da gibt es ausnahmsweise tatsächlich mal keinen großen Unterschied zwischen Links und Rechts. Auf Twitter empört man sich über die Regierung, die Bahn, die Zugezogenen, die Asis, die Lehrer:innen, die Schüler:innen, die Eltern, die Nachbarn, die Deutschen, die Nicht-Deutschen, die Wirtschaft, die Linken, die Rechten, einfach alles. Hauptsache, es knallt, die Likes kommen rein und der Algorithmus zählt fleißig Engagement. Das gibt es so (noch) nicht bei Mastodon. Ohne algorithmische Timeline wird einem keine Reply oder "X gefällt Y" reingespült. Das beschneidet Empörreichweite, und das gefällt Dauerempörten weniger, mir aber umso mehr. Deswegen: Reject Twitter, Embrace Mastodon. (Ja, ich weiß, Mastodon ist bei weitem nicht perfekt, die Server sind gerne mal überlastet, die User-Anzahl gering, Diversity ist eher ein Ziel als eine Realität, die Suche ist schlechter, man kann keine Posts planen, der Name ist fürchterlich, und und und. Da kann und wird sich noch viel dran ändern. Zum jetzigen Zeitpunkt geht mir Mastodon auf jeden Fall weniger auf die Nerven als Twitter.) Und sonst so? Oktober, und scheinbar auch November, wurden unsere beschäftigsten Monate des Jahres mit Ansage. Der Kitawechsel des Großen verläuft zwar sehr erfolgreich, jedoch endet die Fremdbetreuung derzeit noch um 12:00 mittags und das lässt einfach nicht viel Zeit für irgendw

    8 min
  3. 08/11/2022

    Respektlosigkeit gegenüber Maschinen

    Während eine nie-endende Erkältung meine Nase und Lunge in Schach hält, hat draußen ein Müllcontainer gebrannt. Nicht unserer, zum Glück, aber nah genug, dass man es riechen und sehen konnte. A pro pos brennende Müllcontainer: da war doch was. Der blaue Müllcontainer brennt Dieser Tage wärme ich mich auf an einem brennenden Twitter-Logo. Wie ungefähr niemand verpasst hat, hat der Sohn eines Edelsteinminenbesitzers aus Südafrika viel zu viel Geld für ein Online-Medium bezahlt und weil er der Typ ist, der er ist, macht er es jetzt mutwillig kaputt. Wer kann es nicht nachfühlen, wenn man aus Versehen bei Kleinanzeigen ein zu teures Fahrrad kauft und aus Ärger es gleich in den nächstbesten SUV lenkt. Jedenfalls macht Laseraugen-Elektroautoverkäufer jetzt Twitter kaputt und die Reaktionen darauf sind mir (mitunter) eine wahre Freude. Bitter ist natürlich, dass ganze Teams in Massen gefeuert werden. Ich denke jedoch, dass die meisten von ihnen mit einem hübschen CV mit prominenter Twitter-Platzierung schon bald wieder einen Job haben. Der Verlust liegt eher bei Twitter, denn ohne Human Rights oder Accessibility Teams wird die Plattform einfach nur schlechter. Und wie man so hört, werden ein paar der per Email gefeuerten mittlerweile angefleht, doch zurückzukommen. Sie würden noch gebraucht. Schön ist, dass die Don't-call-it-a-Twitter-Altervative Alternative Mastodon massiv zulauf erhält. Endlich kann man dort nicht nur männlichen Tech-Nerds zuschauen, wie sie über Mastodon schreiben, sondern auch tatsächlich sowas wie eine diverse Timeline zusammenbauen. Es sind immer noch zu viele Männers und zu wenig andere auf Mastodon, aber das ändert sich gerade. Ich selbst bin auf mastodon.social zu finden, denn bei meinem Wunschsserver chaos.social ist gerade Aufnahme-Stopp. Nur 42 Nerds werden jeden Tag um Mitternacht auf den Server gelassen. Bubble gotta stay bubbly. Witzig sind die ganzen "großen" Twitter-Accounts, die jetzt viele Zeichen darauf verwenden, Mastodon schlecht zu reden. Ganz so, wie Right-Wingers Sozialismus schlecht reden, indem sie Beispiele von Kapitalismus-Versagen aufzählen, zählen Twitter-Influencer Nachteile von Mastodon auf. Meine liebsten: Abhängigkeit von Admins (Willkür bei Account-Bans ist ja bei Twitter gar kein Thema) und schlechte UX (Twitters algorithmische Timeline wird ja weithin für die usability gefeiert). Naja, da sehen halt ein paar Leute ihre Follower-Felle davon schwimmen. Ich sehe darin eine große Chance. Denn fast alle, die heute auf Twitter groß sind, sind es aufgrund ihres Empörcontents – und da gibt es ausnahmsweise tatsächlich mal keinen großen Unterschied zwischen Links und Rechts. Auf Twitter empört man sich über die Regierung, die Bahn, die Zugezogenen, die Asis, die Lehrer:innen, die Schüler:innen, die Eltern, die Nachbarn, die Deutschen, die Nicht-Deutschen, die Wirtschaft, die Linken, die Rechten, einfach alles. Hauptsache, es knallt, die Likes kommen rein und der Algorithmus zählt fleißig Engagement. Das gibt es so (noch) nicht bei Mastodon. Ohne algorithmische Timeline wird einem keine Reply oder "X gefällt Y" reingespült. Das beschneidet Empörreichweite, und das gefällt Dauerempörten weniger, mir aber umso mehr. Deswegen: Reject Twitter, Embrace Mastodon. (Ja, ich weiß, Mastodon ist bei weitem nicht perfekt, die Server sind gerne mal überlastet, die User-Anzahl gering, Diversity ist eher ein Ziel als eine Realität, die Suche ist schlechter, man kann keine Posts planen, der Name ist fürchterlich, und und und. Da kann und wird sich noch viel dran ändern. Zum jetzigen Zeitpunkt geht mir Mastodon auf jeden Fall weniger auf die Nerven als Twitter.) Und sonst so? Oktober, und scheinbar auch November, wurden unsere beschäftigsten Monate des Jahres mit Ansage. Der Kitawechsel des Großen verläuft zwar sehr erfolgreich, jedoch endet die Fremdbetreuung derzeit noch um 12:00 mittags und das lässt einfach nicht viel Zeit für irgendw

    8 min
  4. 25/10/2022

    Smalltalk bleibt Smalltalk

    Ich weiß gar nicht, wie ich einsteigen soll. Es war viel los und ist weiterhin viel los und deswegen bin ich auch eine Woche viel zu spät dran. Das kommt davon, wenn man sich selbst Veröffentlichungszeiten setzt, die sonst niemand verlangt. Ich war mit Doro und einem von zwei Kindern auf der Bits und Bäume Konferenz an der TU Berlin. Ich war zuvor schon ewig nicht mehr auf Konferenzen, einerseits dank Corona, andererseits weil ich nur ungern auf die meisten Konferenzen gehe. Eigentlich mag ich nur den Congress – und auf den müssen wir ja leider noch ein weiteres Jahr warten. Bits und Bäume ist so ein ganz kleines bisschen wie der Congress. Viel Orga kommt aus einem ähnlichen Dunstkreis, die Infrastruktur (Engelsystem, VOC, media.ccc.de) ist einfach exakt das gleiche (das selbe? Seitdem ein paar Sprachpedanten auf dieser Formulierung rumgehackt haben, bin ich erstens verunsichert und zweitens nicht willens, es zu lernen.) Auf der Bits und Bäume fühlt sich alles so an, als sei es mit Enthusiasmus und Idealismus aufgebaut. Kommerzielle Interessen findet man fast gar nicht. Das gefällt mir sehr. Nun war ich allerdings mit eins von zwei Kindern da. Dank Kinderbetreuung nebst eingerichteten Raum war der Aufenthalt sehr angenehm, jedoch habe ich fast keine Talks live sehen können. Manchmal hatte ich einfach Pech und der Speaker war krank und kam nicht. Andere Male wollte ich den Livestream gucken, aber weil es kein brauchbares WLAN gab, kam dieser nicht zustande. Naja. Ich hab dann später noch ein paar Talks geguckt. Ohne jetzt zu tief ins Detail gehen zu wollen, möchte ich zwei Talks empfehlen: der erste dreht sich um die Möglichkeiten der digitalen Planwirtschaft als Alternative zur Marktwirtschaft und der zweite fordert provokant, dass wir damit aufhören sollten, Bäume zu pflanzen. Der Planwirtschaftstalk hat viele interessante theoretische Ansätze aufgezeigt, die ich so noch nicht kannte und der Bäume-Talk hat vieles aufgezeigt, was ich schon mal diffus gehört hatte, aber nie so fokussiert erlebt habe. Beide Talks lohnen sich mal anzuschauen. Es gab natürlich noch sehr viel mehr, aber da rund ein Dutzend Tracks parallel liefen, war es unmöglich, da mitzuhalten. Schaut Euch einfach mal die Aufzeichnungsliste an und klickt hier und da mal rein. Ich freue mich jetzt jedenfalls umso mehr auf den richtigen, echten Congress in Hamburg dieses Jahr. Der Call for Participation ist gerade raus und ich hätte Bock was zu präsentieren – ich weiß nur noch nicht was. Direkt nach der Bits und Bäume ging es los mit dem neuen Job und nach knapp zwei Wochen kann ich jetzt schon sagen: Ich hab wirklich Spaß dabei. Anspruch, Anforderungen und Aufmerksamkeit finden hier auf einem für mich ganz neuen Level statt und ich liebe es. Aber später dazu mehr. Aus dem Internet In Zeiten von schlechten Nachrichten gibt es eine Sammlung an News, die mich unendlich glücklich macht: Selbst die Entwickler:innen, die das Metaverse bei Facebook Meta bauen, haben keinen Bock mehr auf das Metaverse. Sagt zumindest eine interne Quelle zu The Verge. Die, die das Metaverse nutzen, haben nach spätestens einem Monat keinen Bock mehr. Money quote: “Only nine per cent of worlds built by creators are ever visited by more than 50 people." Selbst Schauspieler Jordan Peele schafft es nicht, einen Menschen zu spielen, der vom Metaverse begeistert ist. Laut Insidern sei das Metaverse verbuggt und langsam, und es mache keinen Spaß es zu benutzen. Als Sofortmaßnahme werden jetzt die Meta-Manager dazu angehalten, die Kolleg:innen dazu zu zwingen, regelmäßig Zeit im Metaverse zu verbringen, um sich "darin zu verlieben." Man könnte mir gar nicht genug zahlen, um das mitzumachen. Diese Nachricht lies mich aber nicht ausschließlich schadenfroh zurück. Auch ich habe während der Pandemie versucht, analoge Interaktion digital abzubilden. Wir haben wonder.me und workadventure ausprobiert, um in kleinen Gruppen soziale Interaktione

    6 min
  5. 20/09/2022

    Ich hab Bock

    Ich bin in einer seltsamen Limbo-Phase. Mein Alltag ist noch stark geprägt von der Elternzeit und einem Job, bei dem sich nicht viel tut. Am Horizont zeichnet sich schon ein sehr anderer Tagesablauf ab, mit mehr notwendiger Koordination, mehr Absprache, sicherlich mit mehr Stress, aber auch mit sehr viel mehr Spaß an der Arbeit. Diese Woche habe ich meine Papiere unterzeichnet und darf jetzt froh verkünden: Ich gehe zum Prototype Fund. Für ein Jahr werde ich dort die Kommunikation nach außen übernehmen und dabei mit tollen Leuten zusammenarbeiten, podcasten, twittern, schreiben und Menschen kennen lernen. Und ich könnte nicht mehr Bock drauf haben. Gerade schaue ich mir das Programm der Bits und Bäume Konferenz an, auf die ich dank des Prototype Funds aufmerksam wurde. Diese Konferenz findet alle vier Jahre statt und beschäftigt sich mit allen Themen rund um Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Und wenn ich nur das Programm überfliege, kribbelt schon mein Congress-Herz. Hier fühle ich mich wohl. Dabei ist dieser Job – zumindest auf dem Papier – ein weiterer Schritt weg von meiner Ausbildung. Denn mit Biologie, geschweige denn Molekularbiologie, hat dieses Feld wirklich nur noch wenig zu tun. Genau das ist, was mich so freut. Digitale Themen finde und fand ich schon immer faszinierend, nur habe ich mich dank nicht-existentem IT-Unterricht und einer 1 in Bio nach dem Abi halt auf die Biotechnologie und dann Molekularbiologie eingeschossen. Und versteht mich nicht falsch: ich liebe die Biologie immer noch. Aber hier leben? Nein danke. Von meinem neuen Job verspreche ich mir, endlich etwas mit Impact zu tun. Denn wenn ich ehrlich bin, sind meine Aktivitäten der Vergangenheit doch ziemlich wirkungsfrei verpufft – trotz meiner Anstrengungen, was zu reißen. Das schiebe ich mal ganz frech auf die Begleitumstände in den jeweiligen Institutionen. 🙃 Außerdem freue ich mich beim Prototype Fund auf Öffentliches Geld ohne Öffentlichen Dienst. In meinen vorigen Posts habe ich ausführlich erläutert, warum mich der Öffentliche Dienst lähmt, und ich freue mich sehr darauf, nicht mehr einer steifen Verwaltung zu unterliegen. Aber ist das noch Punkrock WissKomm? Son bisschen. Klar kommuniziere ich dann bald nicht mehr die Ergebnisse aktueller Forschung an Hochschulen – dafür aber die Ergebnisse aktueller Entwicklungen in digitalen Innovationen. Ich werde weiterhin damit beschäftigt sein, komplexe Ideen und Projekte verständlich aufzubereiten und das gesamte Konzept der Förderung von Prototypen allgemein bekannter zu machen. Und im Geiste werde ich auch weiterhin der WissKomm verbunden bleiben, ich glaube weiterhin an ihre Bedeutung für einen aufgeklärten Diskurs und die Teilhabe aller an den wissenschaftlichen Entwicklungen für die Zukunft. Ich zähle die Tage, bis es los geht. Und sonst so? War ich neulich im Berliner Zoo. Davor war ich sicherlich 2 Jahrzehnte nicht mehr dort und es hat sich viel getan. Wo früher mal depressive Großkatzen hinter Gittern auf und ab liefen (und ab zu durchs Gitter durch urinierten), sind heute schicke Gehege mit Glaswänden – hinter denen depressive Großkatzen liegen. Ich bin mir immer noch nicht sicher, was ich von Zoos halten soll, Die Lobby-Organisation WWF findet Zoos gut, die Lobby-Organisation PETA findet Zoos doof. Ich bin irgendwo dazwischen. Und meinem Sohn? Dem hat der Spielplatz am besten gefallen. Aus der Forschung Was würdet Ihr mir eher glauben? Durch Impfskepsis sind immer noch 22% der Bevölkerung gar nicht geimpft, oder, dank der Impfkampagne sind schon 78% der Bevölkerung mindestens einmal geimpft? Bei meiner aufgeklärten Leserschaft gehe ich davon aus, dass Ihr merkt, dass es sich hier um die gleiche Aussage handelt. Laut einer neuen Studie allerdings, findet eine Vielzahl der Menschen die negativ geframete Aussage glaubwürdiger als die positive. Results from a survey experiment confirm the presence of a negativity bias in truth perceptions,

    7 min
  6. 06/09/2022

    Läuft's gut, läuft's perfekt

    Dieser Sommer war, ehrlich gesagt, eher anstrengend. Bevor wir in den Urlaub fahren konnten, musste ich jede freie Minute in den Vanausbau stecken. Unterwegs gab es dann große und kleine Probleme und Herausforderungen. Am Ende der Reise war das Auto kaputt, wir waren grundlegend erschöpft und ein trockener Husten hielt mich vom Schlafen ab. Dazu erwartete mich zuhause ein Job, den ich zwar schon gekündigt hatte, der mich aber noch eine Weile beschäftigt, aber nicht glücklich halten sollte. Ich war mit der Gesamtsituation unzufrieden. Warum hatten wir nur so ein Pech? In den letzten zwei Wochen dann wendete sich das Blatt. Neben kleineren Unerfreulichkeiten (innerhalb kurzer Zeit gaben die elektrische Zahnbürste, der Akku-Staubsauger und der Küchenmixer den Geist auf) hatte ich zwei mal – oder sogar dreimal, wenn ich drüber nachdenke – richtig Grund zur Freude. Erstens: Meine Jobsuche war vorüber, bevor sie richtig losgehen konnte. Doro schickte mir eines Abends eine spannende Stellenanzeige per Airdrop, ich machte meine Bewerbung fertig und schickte eine Email. Ohne Anhang. Glücklicherweise fragten die netten Menschen auf der anderen Seite neugierig nach, ich konnte meinen Lebenslauf diesmal wirklich schicken und erhielt kurz darauf die Einladung zum persönlichen Gespräch. Das lief fantastisch und ich ging inspiriert nach Hause. Drei Tage später dann der Anruf: ich habe den Job, wenn ich ihn will. Juchuuu! (Im Moment, in dem ich das hier schreibe, habe ich noch keinen Vertrag unterschrieben, also halte ich mich (noch) bedeckt, bei wem ich demnächst Unfug treiben darf. Ich darf nur so viel verraten: ich habe richtig Bock darauf!) Zweitens: mein Sohn hat gerade eine richtig schwere Zeit mit der Kita. Er mochte seine Kita nie so richtig aber in letzter Zeit ist aus Abneigung eine richtige Sorge über den Tagesablauf geworden. Er wacht mit dem Gedanken auf "Muss ich heute wieder in die Kita?" und versucht dann alles in seiner Macht, um nicht hin zu müssen. Das stresst ihn und uns. Vor einer Woche dann kam aus dem Nichts eine Email von einer Montessori Kita bei der wir uns mit dem Sohn vor 3 Jahren (!) beworben hatten. Wir sollten mal zum Kennenlernen vorbei kommen. Die Kita gefällt uns und ihm super und kurz darauf erfuhren wir, dass sogar die kleine Schwester dort einen Platz kriegen kann. Alle Eltern in Berlin wissen, wie wertvoll Kitaplätze sind, erst Recht wenn es um seltene Konzepte wie Montessori geht und mehr als ein Kind in Kürze einen Platz braucht. Wir können es selbst kaum glauben und sind super dankbar für den spontanen Ausweg aus dem Kita-Dilemma. Wir müssen jetzt zwar längere Wege in Kauf nehmen, doch das ist ein kleiner Preis für einen zufriedeneren Jungen. Und drittens: Ich habe überraschend und kurzfristig noch Tickets für das Abschlusskonzert der Ärzte auf dem Tempelhofer Feld bekommen. Und es war fantastisch. Obwohl ich schon auf tollen Open Air Konzerten von Kraftklub bis KIZ war, reicht niemand den drei Berlinern mit Stromgitarren und bisschen Bummbumm das Wasser. Live einfach besser als wie auf Platte. (Highlights waren “Dauerwelle vs. Minipli”, “Ignorama” und natürlich “Sommer, Sonne, Sonnenschein”. Da fiel auch bei uns der Groschen und wir fingen an, zu moshen.) Ist das jetzt Schicksal? Ist das die Entschädigung für einen enttäuschenden Sommer? Ich weiß es nicht. So schnell ändere ich meine Weltanschauung nicht, aber ich beschwere mich auch nicht, wenn zur Abwechslung mal alles mehr als rund läuft. Ich hoffe Euch geht es da genauso. Jorams kleine WissKomm-Ecke Eigentlich wollte ich ja viel über WissKomm schreiben und wenig über Privates. Heute ist es mal andersrum. Ich habe vor einigen Tagen eine Talk-Runde in diesem Internet gesehen, bei der WissKomm-Profis diskutiert haben, welche Rolle AR/VR/XR für die WissKomm spielen können. Und während ich neulich noch bemängelt habe, dass die WissKomm der Technik hinterherhängt, so bin ich jetzt auch nach d

    7 min
  7. 23/08/2022

    10 Tipps für Anfänger:innen in der Wissenschaftskommunikation

    Meine Karriere ist in keiner Weise geradlinig. Ich habe mal gelernt, wie man Mikroorganismen in großen Stahltanks aufzieht, dann habe ich mich damit beschäftigt, wie winzige Proteine in einer Tabakpflanze zusammenfinden und dann habe ich angefangen, über Forschung zu kommunizieren. Jetzt, knapp 15 Jahre seit Beginn meiner beruflichen Ausbildung, ziehe ich ein Zwischenfazit. Die Wissenschaftskommunikation wirkte immer wie für mich gemacht. Man nimmt sich ein paar wissenschaftliche Fakten, findet eine spannende Geschichte dazu, erzählt die einem Publikum und erntet Lob und Wertschätzung. Klingt ziemlich gut. In der Realität ist es dann ein bisschen anders. Man nimmt sich ein paar wissenschaftliche Fakten aus der Institution, die einen gerade bezahlt und häufig entscheidet, was jetzt gerade mal bekannt werden soll, dann versucht man krampfhaft diese nischige Nischenthema, das überhaupt nur 30 Wissenschaftler:innen weltweit wirklich interessiert, spannend aufzubereiten und dann klicken 15 Leute auf den Link und die einzigen, die sich drüber freuen, sind andere Leute aus der Wissenschaftskommunikation. Das habe ich in unterschiedlichen Konstellationen mitgemacht. Und ich würde gerne sagen können, dass es große Unterschiede gegeben hat, aber das wäre gelogen. Irgendjemand am Geldhahn gibt ein paar Themen vor, eine Mitarbeiterin der WissKomm wird drauf angesetzt, irgendeine Verwaltung versucht so viel wie möglich zu verschleppen oder ganz zu verhindern, und dann wird mit viel geübtem Geschick für den Abschlussbericht aufgeschrieben, wie erfolgreich alles war und dass wir das auf jeden Fall demnächst mal wiederholen müssen. Kleiner Fun Fact am Rande: in Folge 299 der Lage der Nation ist die Wehrbeauftragte Eva Högl zu Gast und spricht über die Missstände in der Bundeswehr. Zur Verwaltung und Beschaffung sagt sie, dass dort das Europäische Vergaberecht "wirklich übertrieben umgesetzt" sei. Außerdem gäbe es ein "Zuständigkeitswirrwarr, das gepaart ist mit einer nicht überausgeprägten Entscheidungsfreude [...]. Es schreiben ganz viele Menschen sehr gerne auf, warum irgendwas nicht geht oder warum irgendein Gericht irgendwas kippen könnte." Ich wusste gar nicht, dass ein Job an einer Hochschule so viel mit dem Dienst an der Waffe gemein hat. Ich glaube nicht, dass diese allgemeine Schieflage die Schuld von einzelnen Leuten ist. Jede:r versucht (hoffentlich) ihr bestes, doch am Ende ist das ganze System nicht in der Lage, wirklich gute Inhalte zu produzieren. Das zeigt sich auch, wenn man den Blick weiter in die deutsche WissKomm-Blase schweifen lässt. Die beliebtesten, oder zumindest häufigsten Artikel, der einschlägigen Portale heißen "10 Tipps für Einsteiger bei Instagram" oder "So startest Du bei Twitter". Im Jahr 2022. Zu einer Zeit, in der Brand Manager die Netzwerke mit Werbung fluten, die Leute Netzwerke verlassen und ihr Höhepunkt laaaaange zurück liegt, geben deutsche WissKomm Expert:innen Tipps, wie man hier durchstarten kann. Wie gesagt, das ist nicht die Schuld der Autor:innen, denn die bedienen eine reale Nachfrage. Vor wenigen Jahren habe ich selbst noch mitbekommen, wie ein Ruck durch die WissKomm ging, weil das BMBF sich dazu durchgerungen hat, jetzt auch mal bei diesen sozialen Medien mitzumischen. Davor gab es, ungelogen, eine Absage der Projektträger zu der Bitte, doch einen Twitter-Account für die Forschungskommunikation anzulegen. Als dann auf YouTube die Zeit der persönlichen Vlogger und kleineren Accounts endgültig vorbei war, und auch hier die großen Teams und Werbeagenturen dominierten, sprang die deutsche WissKomm auf den Video-Zug auf. Alles musste jetzt auf Biegen und Brechen auf YouTube stattfinden. Auch ich habe einen Kanal mit aufgebaut, der dutzende (DUTZENDE!) Klicks generierte. Und heute sind es die Podcasts, die seit drei Jahren boomen und so langsam auch in der WissKomm ankommen (habe ich erwähnt, dass Ihr mich als Podcast-Coach buchen könnt?). Die Wissensc

    9 min
  8. 09/08/2022

    Versenkte Kosten

    Meine Füße stecken in Plastiksocken und baden in Pflegelotion, im Glas habe ich ein Dosenbier von Lidl und dazu tippe ich diese Zeilen. Einen Newsletter. Mein erster, eigener Newsletter. Nun denn. Heute möchte ich über (un)gewollte Veränderung schreiben. In den letzten zwei Jahren kamen zwei Dinge in mein Leben: ein neuer Job an einer Hochschule in Wildau und ein Mercedes Sprinter, Baujahr 2001 mit knapp 300 000 km auf der Uhr. Beides sollte mich eine Weile beschäftigen. Der Job ist die einfachere Geschichte. Ich wurde von einem Freund angeheuert, um ein Drittmittelprojekt dabei zu unterstützen, einen Showroom aufzubauen. Ich hatte Bock, mal ein Ausstellungskonzept umzusetzen und so war ich schnell überzeugt. Der Job war nahezu 100% im Home Office (Danke Pandemie!) und somit eine feine Sache. Für das Auto hatte ich große, wenn auch wenig originelle Pläne. Aus dem ehemaligen Patiententransporter sollte ein #Vanlife Gefährt werden. Bett, Küche, Klo auf vier Rädern für vier Personen. Ich steh drauf, Sachen zu bauen, erst Recht, wenn ich sowas noch nie vorher gemacht habe. Wir wollten dann irgendwann damit durch Brandenburg, Deutschland und die ganze Welt düsen. Vorher musste ich den Wagen nur noch ausbauen. Große Pläne im Job und in der Freizeit. Wird schon schief gehen. Und schief ging dann so einiges. Im Van war der Ausbau zwar kein großes Problem, ich baute Dachfenster, Solarpanel und Bett ein, dämmte die Wände und machte, was sonst noch so zum guten Vanlife-Ton gehört. Doch schon bei den ersten Fahrten kam ein Problem nach dem anderen auf. Kardanwellen wollten getauscht werden, Sicherungen brannten durch und wir wurden Stammanrufer beim Arag-Schutzbrief. Auf Arbeit lief mein Ausstellungskonzept nicht viel besser. Der Ausstellungsort, ein Überseecontainer voller Bildschirme und fancy Technik, sollte zu meiner Anstellung ankommen, wurde dann aber nicht um Wochen sondern um Monate verzögert. Etliche andere Kleinprojekte wurden angestoßen, alles versandete. Fertig habe ich eigentlich nur einen Podcast bekommen, denn da konnte mir niemand reinfunken. Irgendwann kam Kind Zwei auf die Welt und mit ihr die Elternzeit. Im Laufe dieser Elternzeit kam dann auch tatsächlich der Container an der Hochschule an, und irgendwann funktionierte er sogar. Ich bekam davon nur wenig mit. Heute, im August 2022, ist meine Elternzeit vorbei und ich blicke auf die letzten zwei Jahre mit gemischten Gefühlen. Das Auto hat nach 5 Tagen Urlaubsfahrt nach Frankreich vermutlich einen Motorschaden, es wird gerade zurück nach Berlin transportiert. Das Drittmittelprojekt auf Arbeit wurde nicht verlängert und läuft demnächst sang- und klanglos aus. Ich überlege, wo ich als nächstes Energie hinein stecke. Das Auto noch mal für viel Geld reparieren? Im Job versuchen, die Stelle anders finanziert zu bekommen? Die Sunk Cost Fallacy kommt mir in den Sinn. Beruflich habe ich meine Entscheidung getroffen, ich habe noch vor Projektende gekündigt – aus Gründen. Jetzt schaue ich erstmal, was so kommt. Und ob ich in der Wissenschaftskommunikation bleiben werde. Aber dazu an anderer Stelle mehr. Fürs Auto steht diese Entscheidung noch bevor. Wickel ich anderthalb Jahre aufwendigen Ausbau ab, verkaufe das Auto zum Schrottwert und reduziere meine Verluste oder hoffe ich, dass nach dieser Reparatur das #Vanlife-Glück auf mich wartet? Ich weiß es noch nicht. Aus beiden Geschichten habe ich gelernt. Das Auto hat mir etliche praktische Skills vermittelt (ich kann jetzt eine Solaranlage anschließen!) und ich habe es zum Anlass genommen, mit 33 meinen Führerschein zu machen. Und im Job habe ich nicht zuletzt gelernt, dass man einfach kündigen kann, wenn es sich nicht mehr richtig anfühlt. Und sonst so? Das ganze Drama um das Auto war Teil unseres Sommerurlaubs. Wir wollten und fuhren nach Frankreich, und verbrachten da auch einige Zeit. Da das Auto nach der Hinfahrt hinüber war, folgte eine sehr stressige Zugfahrt nach Paris, ei

    5 min

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