Das Buch zur Woche

Das Buch zur Woche

Musiker:innen, die plötzlich gute Romane veröffentlichen. Autor:innen, deren Bücher wie guter Rap klingen. Aufregende Bücher, die ein größeres Publikum verdient hätten. Neuerscheinungen, an denen kein Weg vorbei führt. Interviews zwischen Bookstagram-Nerdtum und Deep-Talk. All das gibt es jede Woche neu im „Buch zur Woche“ vom Popkultur-Magazin DIFFUS. Moderation: Daniel Koch und Celine Leonora

  1. 23. JAN.

    „Deutschrap war ein kommerzielles Produkt“ – die Autoren von „Remix Almanya“ im Interview

    In dieser Interviewfolge spricht unser Host Daniel mit den Autoren Murat Güngör und Hannes Loh, die im Herbst das Buch „Remix Almanya – Eine postmigrantische HipHop-Geschichte“ im Hannibal Verlag veröffentlicht haben. Es ist bereits ihr zweites gemeinsames Buch. Schon vor gut 20 Jahren schrieben sie „Fear Of A Kanak Planet“ – was im Titel natürlich eine Referenz an „Fear of a Black Planet“ von Public Enemy ist. Das Buch sorgte durchaus für Diskussionen. Murat und Hannes wurden damals „als linke Nestbeschmutzer“ gesehen, wie sie uns erzählten, weil sie inmitten des Rap-Booms in Deutschland die wunden Punkte ansprachen: Zum Beispiel, dass der so genannte „Deutschrap“ seine postmigrantischen Wurzeln verleugnete, die Industrie das Genre weißwaschen wollte und einige Rap-Acts nationalistische Strömungen aufgriffen. Hannes Loh und Murat Güngör waren aber nicht nur Rap-Forschende und über Rap schreibende, sie waren selbst in der Szene aktiv. Hannes war zum Beispiel Rapper der linken Crew Anarchist Academy. Murat Güngör wiederum war Ende der 90er Teil des Netzwerks Kanak Attack, dessen Allstar-Single „Dieser Song gehört uns“ ein wichtiger Meilenstein des postmigrantischen Raps in Deutschland ist. Heute sind die beiden übrigens Lehrer – und sie touren seit Jahren immer wieder durch die Lande, um über ihre Rap-Forschung und ihre persönliche Geschichte zu referieren. In ihrem neuen Buch „Remix Almanja“ werfen Murat und Hannes wieder einen sehr interessanten und abwechslungsreichen Blick auf postmigrantischen Rap in Deutschland. In kurzen Essays und sehr spannenden Interviews zeichnen sie ein Bild von Rap-Deutschland, das man in dieser Komplexität selten zu lesen bekommt. Dass sie damit perfekt zu DIFFUS und in diesen Podcast passen, merkt man schon daran, dass im Buch viele Menschen auftauchen, die auch wir regelmäßig featuren. Miriam Davoudvandi sagt zum Beispiel sehr schlaue Dinge, Apsilon ebenso und Megaloh gibt ein geradezu herzzerreißendes Interview. Wenn ihr nach diesem Interview neugierig geworden seid: zwei Live-Termine von Murat und Hannes stehen in naher Zukunft an. Am 1. Februar sind sind im Bürgerzentrum Ehrenfeld in Köln und dann 27. April im SO36 hier in Berlin-Kreuzberg.

    48 Min.
  2. Lea Ruckpaul sagt „Bye Bye Lolita“ und gibt ihr eine starke Stimme

    13.12.2024

    Lea Ruckpaul sagt „Bye Bye Lolita“ und gibt ihr eine starke Stimme

    Trigger-Warnung: In dieser Folge geht es auch um den Roman „Lolita“ von Vladimir Nabokov – und das bedeutet eben nicht, dass es um eine Liebesgeschichte geht, sondern um Pädophilie und sexuelle Gewalt. Hört ihn also nur, wenn ihr euch diesen Themen gewappnet fühlt. Die Schauspielerin und Autorin Lea Ruckpaul erzählt die Geschichte der Dolores Haze, die viele aus dem Skandalroman „Lolita“ von Vladimir Nabokov aus dem Jahr 1955 kennen. Im originalen Roman wird man gezwungen, den wohl formulierten und verdrehten Erinnerungen des pädophilen Vergewaltigers Humbert Humbert zu lauschen, der uns weis machen will, dass wir da einer Liebesgeschichte lauschen. Dabei ist er ein Täter – und zerstört das Leben der 12jährigen Dolores Haze, die er „Lolita“ nennt. Die Dolores in „Bye Bye Lolita“ schreibt nun ihre eigene Sicht auf die Geschehnisse auf – und sie hat Humbert Humberts Tagebuch in ihrem Besitz, dem sie ihren Text entgegensetzen will. Lange Zeit traut sie sich jedoch nicht, Humberts Worte zu lesen. Erst im letzten Drittel des Buches wagt sie diesen Schritt. Und fragt sich unter anderem: „Suchte er all diese manierierten Worte, die duftigen Ausdrücke, um vor sich selbst zu verbergen, dass er Gewalt ausübte? Wie passt die schmonzettige Verehrung von ‚Lolita‘ zusammen mit der Respektlosigkeit, mit der er mich behandelte?“ Für Ruckpauls Dolores – die Ende dreißig ist, als sie mit dem Schreiben beginnt – ist das Schreiben eine Trauma-Therapie und eine Selbstermächtigung. Sie will kein Opfer sein. „Beim Schreiben kann ich die Dosis des Schmerzes regeln“, heißt es in Ruckpauls Roman.

    13 Min.
  3. Lieblingsbücher: „Die roten Stellen“ von Maggie Nelson

    06.11.2024

    Lieblingsbücher: „Die roten Stellen“ von Maggie Nelson

    Daniel stellt heut eines seiner Lieblingsbücher vor und findet: Wer sich für „True Crime“ interessiert, sollte „Die roten Stellen – Autobiographie eines Prozesses“ gelesen haben. Gerade weil die US-Autorin Maggie Nelson in ihrem autofiktionalen Text mit dem seltsamen Interesse hadert, das vor allem Verbrechen gegen Frauen entgegengebracht wird. Die Geschichte ist vor allem so bewegend, weil es hier um den Mord an Nelsons Tante geht. Jane Mixer wurde 1969 im Alter von 23 Jahren ermordet, lange bevor Maggie Nelson geboren wurde. Mixer wollte eines Abends per Anhalter fahren und wurde vermutlich von ihrem Mörder mitgenommen. Sie wurde mit zwei Kopfschüssen und einer Nylonstrumpfhose, die um ihren Hals gewickelt war, in Michigan gefunden. Vom Täter gab es jahrelang keine Spur. Der Mord wurde zum Cold Case. Maggie Nelson entdeckte als junge Frau die Tagebücher von Jane und fand sich in der selbstbestimmten, attraktiven, studierenden Frau ein Stückweit wieder. Sie spürte dem Trauma innerhalb ihrer Familie nach und verarbeitete diese Eindrücke in ihrem Gedichtband „Jane – A Murder“. Als sie den gerade veröffentlicht hatte, erfuhr ihre Familie, dass – mehr als 20 Jahre nach der Tat – ein vermeintlicher Mörder gefunden und zur Anklage gebracht wurde. Neue DNS-Analyse-Techniken machten das möglich. In „Die roten Stellen“ nimmt uns Maggie Rogers nun mit in diesen Prozess und erzählt anhand dieses privaten Schicksals, was sie am Umgang mit Frauenmorden und an der Faszination für True Crime verstört.

    7 Min.

Bewertungen und Rezensionen

3,9
von 5
7 Bewertungen

Info

Musiker:innen, die plötzlich gute Romane veröffentlichen. Autor:innen, deren Bücher wie guter Rap klingen. Aufregende Bücher, die ein größeres Publikum verdient hätten. Neuerscheinungen, an denen kein Weg vorbei führt. Interviews zwischen Bookstagram-Nerdtum und Deep-Talk. All das gibt es jede Woche neu im „Buch zur Woche“ vom Popkultur-Magazin DIFFUS. Moderation: Daniel Koch und Celine Leonora

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