„Kleine Wunden näht vielleicht bald die KI – für die große OP braucht es den Menschen“

F.A.Z. Künstliche Intelligenz

F.A.Z. KI Podcast

Künstliche Intelligenz ist im Krankenhaus schon an vielen Stellen im Einsatz. Im OP aber wird es schwierig. Das Nähen kleiner Wunden funktioniere zumindest im Labor schon gut. Für größere Operationen brauche es den Menschen, sagt Dirk Wilhelm, Oberarzt der chirurgischen Klinik des Klinikums rechts der Isar der TU München, im F.A.Z. KI-Podcast.

Künstliche Intelligenz arbeitet heutzutage schon in Krankenhäusern mit, zum Beispiel durch das Mitschreiben von diktierten OP-Berichten oder Arztbriefen, durch Vitalwertanalysen oder als Hol- und Bring-Roboter. Obwohl Roboter in Operationssälen bereits routinemäßig eingesetzt werden, würden diese bislang manuell von Chirurgen und nicht von einer KI gesteuert. Grund dafür seien die enorme Komplexität und Variabilität von Operationen, für die es aktuell noch die menschliche Auffassungsgabe brauche: „Bei der Interaktion mit Gewebe integrieren wir viele Informationen. Da kommt Verständnis über Schwerkraft, da kommt physikalisches Denken und weitere Sachen hinzu, die wir selbst gar nicht benennen können, die aber wichtig sind, um gute Operationen durchzuführen“, so Wilhelm. Von der Vision, dass KI ganze Operationen übernimmt, seien wir deshalb noch sehr weit entfernt. Hinzu komme, dass es für einen umfangreicheren KI-Einsatz in der Chirurgie auch noch an einer geeigneten Datenbasis fehle. Videomaterial von Operationen sei dabei noch vergleichsweise leicht aufzunehmen und zu verwenden, weshalb dieses bei der aktuellen KI-Entwicklung im Fokus stehe, berichtet Wilhelm. Die Parameter der im OP verwendeten Geräte und Roboterarme seien dafür zwar ebenfalls hochinteressant, würden aber von den Herstellern nicht über geeignete Schnittstellen verfügbar gemacht. Auch die Integration von Schnittstellen in anderen OP-Bereichen wie der Anästhesie sei wünschenswert, jedoch durch den erhöhten Koordinationsaufwand und Datenschutzbedenken komplex. Trotz der Hindernisse könne die KI in Versuchen dennoch erste chirurgische Erfolge verzeichnen: „Was aber schon gut funktioniert, sind so ganz kleine Teilelemente einer Operation, zum Beispiel das Knoten oder das Nähen. Wenn das sehr definiert ist, dann funktionieren – zumindest im Labor – KI-Ansätze bereits sehr, sehr gut“, erzählt Wilhelm. In der Chirurgie gehe es nun um den Aufbau einer hochqualitativen Datenbasis, zum Beispiel durch Workflow-Analysen und die digitale Erfassung der operativen Prozesse – und das nicht nur in deutschen Kliniken. Denn auch Länder mit einer weiter vorangeschrittenen Digitalisierung des Gesundheitswesens und einer offeneren Einstellung der Bevölkerung zur Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten, wie beispielsweise Dänemark, würden bislang kaum Operationsdaten standardmäßig aufzeichnen. Um die entstehenden Datensätze auch für den KI-Einsatz verwenden zu können, müssten darüber hinaus auch Prozesse in der Chirurgie stärker standardisiert werden, führt Wilhelm weiter aus: „Viele Chirurgen rühmen sich ja, dass sie Virtuosen sind, und nur so operieren, wie sie persönlich es machen.“ Die daraus resultierende Vielfalt an Techniken erschwere das KI-Training zusätzlich. Widerstand von Seiten der Chirurgen sieht Wilhelm allerdings keinen: Diese stünden dem Einsatz von KI in Operationssälen sehr offen gegenüber. Grund dafür sei, dass Kliniken im Moment hoffnungslos überlastet seien – und alles, was die Überlastung verringern könne, erst einmal willkommen sei. An den KI-Lösungen, die im Bereich der bildgebenden Verfahren in der Dermatologie oder Radiologie bereits mit Menschen vergleichbare Ergebnisse erzielen, sei zudem erkennbar, dass die KI die Menschen nicht ablöse. „Gemeinsam – das heißt die Kombination aus Mensch und Maschine – wenn wir dadurch die bessere Versorgung erreichen, dann ist das was, gegen das man sich weder stemmen sollte, was aber auf der anderen Seite auch sehr stark unterstützt wird“, so W

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