Frauenleben. Inspirierende Frauen und ihre Zeit.

Petra Hucke & Susanne Popp
Frauenleben. Inspirierende Frauen und ihre Zeit.

Inspirierende Portraits von Frauen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Technik und Politik, vorgestellt von Susanne Popp und Petra Hucke, Autorinnen historischer Romane. Habt ihr schon einmal gehört, dass die Brooklyn Bridge von einer Frau gebaut wurde? Wisst ihr, wer die Veuve Cliquot hinter der berühmten Champagnermarke war? Kennt ihr mehr als die Namen der Umweltaktivistin Rachel Carson, der promovierten Ärztin Dorothea Erxleben, der Naturforscherin Amalie Dietrich oder der Mathematikerin Ada Lovelace? Wir lesen ihre Biografien, erforschen ihre Hintergründe und präsentieren euch alle vierzehn Tage den Lebenslauf und die Lebensleistung von Frauen, die prominenter in unseren Geschichtsbüchern auftauchen sollten. Das beginnt mit universalgelehrten Frauen im frühen 17. Jahrhundert wie Anna Maria Schurmann und endet mit Politikerinnen kurz vor unserer Zeit wie Elisabeth Schwarzhaupt. Wir stöbern in Europa genauso herum wie in Nordamerika, strecken die Fühler jedoch nach und nach immer weiter aus. Starke Frauen können uns mit ihrer Durchsetzungsfähigkeit als Vorbild dienen, denn gerade in vergangenen Jahrhunderten hatten sie immer Schwierigkeiten, sich zu behaupten und einen Platz in der von Männern dominierten Welt zu finden. In unserem Podcast bekommen sie die Aufmerksamkeit, die sie verdient haben. Weitere Hintergrundinformationen zu den einzelnen Folgen und zu uns als Hosts findet ihr auf https://frauenleben-podcast.de, wo wir auch einen Blog mit weiteren Biografien und Fundstücken führen. Susanne Popp veröffentlicht in diesem Jahr beim Rowohlt-Verlag eine historische Romanbiografie über die Veuve Cliquot, die Frau hinter der gleichnamigen Champagnermarke. "Madame Cliquot und das Glück der Champagne" ist zur Zeit noch in Arbeit, aber der Erscheinungstermin steht bereits fest, nämlich der 17. November 2020 (ab 1. November als E-Book). Freut euch auf eine ebenso spannende wie unterhaltsame Geschichte über eine mutige Frau, die in schwierigen Zeiten ihren eigenen Weg geht. Petra Hucke hat nach einem Mystery-Thriller den historischen Roman "Solch ein zephyrleichtes Leben" über die Tänzerin Ida Brun veröffentlicht. Im Juli 2021 erscheint beim Piper-Verlag die Romanbiografie „Die Architektin von New York“ über Emily Warren Roebling und ihre Lebensgeschichte, die sie selbst wohl nie so hätte voraussehen können. Weitere Frauenbiografien, für die wir bereits Episoden veröffentlicht oder fest eingeplant haben: Die Archäologin Mary Leakey, die studierte Ärztin und Lehrerin Maria Montessori, die erste US-Präsidentschaftskandidatin Victoria Woodhull, die Juristin und Frauenrechtlerin Iris von Roten, die Physikprofessorin Laura Bassi, die Erfinderin Hedy Lamarr und die Chemikerin Alice Augusta Ball. Habt ihr Vorschläge für weitere Geschichten von Frauen? Wir freuen uns auf eure Ideen! Einfach eine Email schreiben an kontakt@frauenleben-podcast.de

  1. 6D AGO

    Elizabeth Blackwell (1821–1910) 

    Die erste studierte Ärztin der USA, Elizabeth Blackwell, empfindet eine Abneigung gegen die Schwächen des menschlichen Körpers und entscheidet sich trotzdem für ein Medizinstudium. Ihre Zulassung zum College verdankt sie einem Missverständnis und einem schlechten Scherz. Mit ihrem Lebensweg ebnet sie in den Vereinigten Staaten den Weg für Frauen in der Medizin.  *** Von England nach Amerika: Kindheit und Auswanderung Elizabeth Blackwell wird 1821 in Bristol, England, geboren. Als drittes von neun Kindern wächst sie in einer Familie auf, die sowohl kapitalistisch als auch idealistisch geprägt ist. Ihr Vater Samuel Blackwell ist ein Zuckerfabrikant, dessen Geschäft am Atlantikhandel hängt und indirekt mit der Sklaverei verbunden war. Diese moralische Dissonanz prägt die Familie: Während sie vom Handel profitieren, sind die Blackwells gleichzeitig überzeugte Gegner der Sklaverei. Plakette in Bristol Die religiösen Ansichten der Familie – sie sind Kongregationalisten und gehören damit nicht der anglikanischen Kirche Großbritanniens an – führen zu einer gewissen Isolation. Die Kinder erhalten Privatunterricht und haben kaum Freunde außerhalb der Familie. Dennoch ist die Erziehung fortschrittlich. Die Eltern glauben an Bildung für alle ihre Kinder, unabhängig vom Geschlecht, und sind entschiedene Abolitionisten. Diese Werte zeigen sich im Alltag. Die Kinder weigern sich beispielsweise, Zucker in ihren Tee zu geben, nachdem sie von der Verbindung zur Sklaverei erfahren haben. 1832, Elizabeth ist elf Jahre alt, wandert die Familie in die USA aus. Nach mehreren Umzügen lässt sich die Familie schließlich 1838 in Cincinnati, Ohio, nieder. Dort will Samuel Blackwell mit Zuckerrüben experimentieren. Doch im selben Jahr stirbt er an Malaria und hinterlässt seine Familie mit 1500 Dollar Schulden. Der Weg zur Medizin: Von der Lehrerin zur Visionärin Nach dem Tod ihres Vaters müssen Elizabeth und ihre Schwestern selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen. Elizabeth gründet eine Schule für Mädchen und junge Damen, die sechs Jahre Bestand hat. Obwohl das Unterrichten nicht ihre Leidenschaft ist, nimmt sie mit 23 Jahren eine Stelle als Schulleiterin in Kentucky an. Nach einem Jahr kehrt sie zurück, zutiefst abgestoßen von der Sklaverei, die sie dort beobachtet hat. Die Wendung zu einem Medizinstudium kommt durch eine todkranke Freundin. Sie sagt: „Wenn ich von einer Ärztin behandelt worden wäre, wäre mir das schlimmste Leiden erspart geblieben.“ Elizabeth verspürt zunächst Abneigung gegen die Beschäftigung mit Krankheiten. Sie neigt eher zum Metaphysischen. Trotzdem reift in ihr der Entschluss, Medizin zu studieren. Elizabeth Blackwell Dabei wird sie stark von der Autorin Margaret Fuller beeinflusst. Deren Schriften betonen, dass Frauen dieselbe Unabhängigkeit wie Männern zugestanden werden müsse. Sie sagt aber auch, dass Frauen selbst für ihre Rechte eintreten müssten. Elizabeth Blackwell kommt also nicht aus einem Helfersyndrom zur Medizin, sondern aus einer philosophischen und moralischen Überzeugung heraus. Sie träumt davon, Barrieren zu durchbrechen und berühmt zu werden. Ihr Weg ist steinig. Sie kontaktiert mehrere ihr bekannte Ärzte, die ihr abraten. 29 Bewerbungen für ein Medizinstudium werden abgelehnt. Um sich vorzubereiten, nimmt sie wiederum Stellen als Lehrerin an. Unter der Anleitung eines ehemaligen Arztes in Ashville, North Carolina, beginnt sie ein Selbststudium. Durchbruch am Geneva College Die Wende kommt, als Elizabeth sich am Geneva College in New York bewirbt. Dort wird sie angenommen – allerdings nur, weil die Studenten ihre Bewerbung für einen Scherz h...

    1h 4m
  2. MAR 7

    Agnes von Ungarn (1280–1364)

    Agnes von Ungarn wurde von den Chronisten entweder als Heilige oder als gnadenlose Rächerin dargestellt. In der heutigen Geschichtsforschung gilt sie als heimliches Oberhaupt der frühen Habsburger-Dynastie. Wer ist diese Frau, die mit 21 Jahren eine der reichsten Witwen Europas wurde und entschied, all ihr Wissen und Geld für ihre Ursprungsfamilie einzusetzen? – Ein Gastbeitrag von Dorothe Zürcher *** Bild von Anton Boys, 16. Jh Elternhaus – Kindheit und Jugend Agnes von Ungarn kommt wahrscheinlich im Jahre 1280 in Brugg oder Baden (Schweiz) zur Welt. Weder Geburtsort noch das genaue Geburtsjahr sind bekannt. Erstaunlich, da ihr Grossvater Rudolf von Habsburg römisch-deutscher König ist. Nach einem längeren Interregnum ernannten die Kurfürsten den Grafen Rudolf von Habsburg zum König, in der Annahme, dass er ihnen nicht gefährlich werden könne, aber genug stark sei, um sich zu halten. Agnes’ Vater ist der Zweitgeborene, also nicht der Erbe. Agnes’ Mutter ist Elisabeth von Görz-Tirol. Mit elf Jahren wurde Elisabeth verheiratet und auf die Habsburg zu ihrem zukünftigen Gatten gebracht. Damals galt ihre Ehe als «gute Ehe», unter anderem, weil Elisabeth elf Kinder zur Welt bringt, die das Erwachsenenalter erreichen. Agnes ist wahrscheinlich das dritte Kind. Als die Herzöge von Österreich aussterben, übernimmt König Rudolf das Herzogtum und übergibt es seinen beiden ältesten Söhnen. Albrecht reist nach Wien und lässt seine Familie nachkommen, unterdessen stirbt sein älterer Bruder. Die Wiener Bürger haben Mühe mit dem fremden Herzog. Albrecht fördert den Fernhandel und bringt seine eigenen Ministerialen mit. Zwei Mal vertreiben die Wiener die Familie aus der Stadt. Mit Gewalt erobert Albrecht diese wieder zurück. 1291 stirbt König Rudolf. Albrecht nimmt an, dass er zu dessen Nachfolger gewählt wird, was nicht geschieht. Adolf von Nassau wird gewählt. Albrecht übergibt die Regentschaft des Herzogtums seiner Gattin und reist im Reich herum, um für eine Wiederholung der Königswahl zu werben. Elisabeth von Görz-Tirol ist eine gute Diplomatin und beliebt. Sie kann die Wiener Bürger besänftigen und fördert den Handel, zugleich bekommt sie fast jährlich ein Kind. Burg Habsburg, die Stammburg der Habsburger im Aargau. Foto: Roland Zumbühl Agnes, ein Kind der habsburgischen Machtpolitik Mit elf Jahren wird Agnes mit einem römischen Grafen verlobt. Dann ändert sich die Politik. König Andreas von Ungarn, der Wien belagerte, da er Agnes’ Vater als Konkurrenten betrachtete, verliert seine Gattin. Um einen Frieden zwischen Österreich und Ungarn zu sichern, nehmen die beiden Gegner Heiratsverhandlungen auf. Agnes’ ältere Schwester ist schon verheiratet. Sie ist die Nächste in der Reihe. König Andreas verlangt eine hohe Mitgift, um seinen eigenen Thron zu sichern. Deswegen ziehen sich die Verhandlungen in die Länge. Als man sich einigt, ist Agnes 18 Jahre alt. Agnes bringt eine Mitgift von 40 000 Silbermark in die Ehe. Damals war das die höchste Mitgift europaweit. Als Morgengabe bekommt Agnes den Burghügel von Pressburg/Bratislava. Die Heirat findet ungewohnt in Wien und nicht in Ungarn statt. Drei Kurfürsten sind geladen. Nach der Heirat wird Albrecht heimlich zum neuen König des römisch-deutschen Reiches gewählt. In der Schlacht von Göllheim stirbt Adolf von Nassau. Albrecht hat sein Ziel erreicht und wird römisch-deutscher König. Agnes ist zu dieser Zeit schon in Ungarn und wi...

    50 min
  3. JAN 2

    Clärenore Stinnes (1901–1990) 

    Clärenore Stinnes liebte die Geschwindigkeit und scheute keine Gefahren. Eine Karriere im Konzern ihres Vaters Hugo Stinnes blieb der intelligenten jungen Frau trotz ihrer zahlreichen Talente verwehrt. Also wurde sie Rennfahrerin und umrundete als erster Mensch mit einem serienmäßigen Personenwagen die Welt.  *** Clärenore Stinnes war keine politische Kämpferin, die sich für die Gleichberechtigung von Frauen eingesetzt hätte. Dennoch führte sie für viele Jahre ein Leben jenseits der Norm und war nicht gewillt, sich in die Rolle zu fügen, die die Gesellschaft und vor allem ihre Mutter für sie vorgesehen hatte.  Ein Rennfahrer in der Familie Hausfrauliche Tätigkeiten interessieren Clärenore nicht, eine Ehe schließt sie zunächst für sich aus. Früh entdeckt sie ihre Liebe zu Autos und lernt schon mit 11 Jahren heimlich das Autofahren, indem sie die Chauffeure ihres Vaters dazu bringt, sie ans Steuer zu lassen. Der Rennfahrer Robert Dunlop aus der britischen Reifendynastie ist mit ihrer Tante Nora verheiratet. Er begeistert sie für Geschwindigkeit und mit 18 macht Clärenore den Führerschein. Ihr Vater Hugo Stinnes, der «Ruhrbaron» genannt, herrscht über einen Industrie- und Handelskonzern von enormer Größe. Auch die Berliner Teststrecke AVUS gehört zu seinem Imperium, dort trainiert sie nun regelmäßig ihre Fähigkeiten und scheut sich auch nicht, sich schmutzig zu machen, verbringt viel Zeit in der Werkstatt und lernt, wie man Autos repariert.  Glanz und Glamour in Berlin Hugo Stinnes fördert seine Tochter auch deshalb, weil sie ihm von all seinen Kindern am ähnlichsten ist. Als er unerwartet im April 1924 mit 54 Jahren verstirbt, bedeutet das für Clärenore nicht nur einen großen persönlichen Verlust, sondern auch einen Rückschlag hinsichtlich ihrer beruflichen Ambitionen.  Alleinerbin des Konzerns ist ihre Mutter Cläre, und die verlässt sich völlig auf die beiden ältesten Brüder. In dem Imperium aus Zechen, Seeschiffen, Handelsflotte, Hotels, Druckerei und Speditionsfirmen – knapp 300 Firmen insgesamt – ist für sie keine Position vorgesehen. In der Hyperinflation des Jahres 1925 ruinieren die Brüder das Lebenswerk des Vaters, während Clärenore im fernen Berlin ihr Leben lebt. Sie trägt Anzüge mit Schlips, raucht Kette und tanzt im Kempinski, es heißt über sie, sie habe einen rauen Charme und viel Humor.  Clärenore Stinnes auf einem Tanzball der Berliner Secession 1926 Clärenore Stinnes: Europas erfolgreichste Rennfahrerin  Mit 24 Jahren fährt sie unter dem Pseudonym Fräulein Lehmann ihr erstes Autorennen und feiert bis 1927 17 Rennsiege, fast ausschließlich gegen Männer. Von den Zeitungen wird sie als «Europas erfolgreichste Rennfahrerin» gehandelt. 1925 nimmt sie an der internationalen allrussischen Prüfungsfahrt teil, einer Rallye von St. Petersburg über Tiflis nach Moskau. Das Land ist damals noch weitgehend straßenlos, die Herausforderungen extrem. Clärenore Stinnes gewinnt als einzige Frau unter 52 Männern den dritten Platz. Anschließend fasst sie den Entschluss zur Weltumrundung. Die Reiseroute soll über den Balkan und den Nahen Osten durch Russland nach Sibirien führen, dann durch Asien, über Japan und Hawaii nach Mittel- und Südamerika, über die Anden nach Chile, einmal durch die USA und wieder zurück nach Europa. 460 Kilometer bei bis zu 53 Grad plus und bis zu 50 Grad unter null, hinweg über weglose Wüsten und unerschlossene Gebirgsketten. Der Adler Standard 6 Das Auto, das Modell Adler Standard 6, verfügt über 45 PS, drei Gänge und sechs Zylinder. Natürlich gibt es weder GPS, Servolenkung, Klimaanlage oder ein Satellitentelefon. Ein Begleitfahrzeug transportiert Ersatzteile,

    1h 1m
  4. 12/05/2024

    Katharina von Zimmern (1478–1547)

    Katharina von Zimmern, eine junge Frau aus hohem Adel, wird mit nur 18 Jahren zur Äbtissin des Klosters Fraumünster in Zürich gewählt, ein Amt, das sie zur formalen Stadtherrin macht. Als sich im Jahr 1524 die reformatorischen Ideen von Ulrich Zwingli durchzusetzen beginnen, übergibt sie das Kloster und all seine Besitztümer der Stadt und nimmt damit die Ächtung durch ihre katholische Familie in Kauf. Im Jahr 2024 jährt sich die Übergabe der Abtei Fraumünster, die im Herzen von Zürich liegt, zum fünfhundertsten Mal. * Geschichte der Katharina von Zimmern  Kindheit Katharina von Zimmern stammt ursprünglich aus dem schwäbischen Raum. Geboren wird sie 1478 in Schloss Meßkirch, heute im Landkreis Sigmaringen, in eine hochadelige und humanistisch gebildete Familie. Als sie neun Jahre alt ist, wird die Familie vom benachbarten Grafen Hugo von Werdenberg gewaltsam aus der Heimat vertrieben, weil der Vater beim Kaiser in Ungnade gefallen ist. Man wirft ihm Landesverrat vor. Außerdem beansprucht Graf Hugo das prächtige Schloss für sich.   Die Mutter, zu der Zeit allein mit den sieben Kindern, widersetzt sich der Ausweisung mit allen Mitteln, aber ihr Bitten und Flehen hilft nichts. Der Mutter gelingt es immerhin, den ältesten beiden Söhnen zur Flucht zu verhelfen. In Frauenkleidern gelangen sie nach Heidelberg an den Hof des Pfalzgrafen und Kurfürsten Philipp, wo sie eine ihrem Stand entsprechende Erziehung und Ausbildung erhalten.  Abgesehen davon verliert die Familie auf einen Schlag alles: Güter, Herrschaft und Ehre. Katharina von Zimmern ist knapp 10 Jahre alt, als das passiert.   Schloss Meßkirch heute (Quelle: Wikipedia) Die Mutter, Margarethe von Oettingen Geboren 1458, wird sie mit neun Jahren Vollwaise und lebt dann bei ihrer älteren Schwester Anna, die mit vierzehn mit dem Truchsess Johannes von Waldburg verheiratet worden ist. Der Truchsess von Waldburg steht in der Gunst des Kaisers, dadurch ist auch die Schwester der Ehefrau eine gute Partie.  Mit sechzehn Jahren heiratete Margarete Johann Werner von Zimmern. Sie bekommt ab dann jedes Jahr ein Kind, zehn Schwangerschaften und zehn Geburten in den ersten elf Jahren ihrer Ehe. Ihre ersten vier Kinder sind Mädchen, von denen die mittleren zwei das Kindesalter nicht überleben. Katharina ist das vierte Mädchen. Sie ist unzertrennlich mit ihrer älteren Schwester Anna. Nach Katharina bekommt Margarete von Zimmern noch vier Söhne und zwei weitere Töchter.  Meßkirch 1575 (Wikipedia) Der Vater, Johann Werner Freiherr von Zimmern Katharinas Vater wird in Freiburg im Breisgau und Wien unterrichtet, dann folgen zwei Jahre in Bologna. Er gilt als ausgezeichneter Schüler, spricht mehrere Sprachen und musiziert, verfasst Gedichte aber auch Prosa und sammelt Bücher. Der leidenschaftlicher Jäger beschäftigt einen eigenen Falkner, er liebt schöne Pferde und ein standesgemäßes, höfisches Leben, was ihn oft in finanzielle Schwierigkeiten bringt.  Von vorreformatorischen Ideen ist nichts überliefert, dagegen aber durchaus von frühhumanistischen. Die Lebensfreude, das offene Denken, die Bereitschaft, auf neue Ideen einzugehen, die Freude an der Musik, der ausgeprägte Gestaltungswille und nicht zuletzt die Begeisterung für das Reiten werden Katharina von Zimmern sozusagen in die Wiege gelegt. Das Wappen der Freiherren von Zimmern Katharinas Vater bemüht sich um die Rehabilitation seines Namens. Gute Freunde raten ihm, in die Schweiz zu gehen. In Weesen am Walensee kauft er ein baufälliges Herrenhaus,

    51 min
  5. 10/31/2024

    Elizabeth Hawkins-Whitshed Burnaby Main Le Blond (1861–1934)

    „Haltet sie vom Bergsteigen ab, sie schockiert ganz London“ – so äußerte sich eine Tante über Elizabeth Alice Frances Hawkins-Whitshed Burnaby Main Le Blond, die auf die höchsten Alpengipfel kletterte, Wintersportler:innen fotografierte, das alternative Leben in St. Moritz genoss und Bücher darüber schrieb. *** Im Jahr 1861 kommt Elizabeth Alice Frances Hawkins-Whitshed in London zur Welt. Sie ist das einzige Kind ihres Vaters, Sir St. Vincent Bentinck Hawkins-Whitshed, 3rd Baron of Killimcarrick. Dessen Familie gehört zur guten englischen Gesellschaft – er ist verwandt mit den Cavendish Bentincks und dem Duke of Portland und kann seine Wurzeln bis zu Katharina der Großen zurückverfolgen. Ein unterfordertes Kind Elizabeth verbringt den Großteil ihrer Kindheit und Jugend in Killimcarrick House, einem Herrenhaus im irischen County Wicklow, etwa 18 Meilen südlich von Dublin. Dort spielt sie mit den Hunden und tobt im Wald herum. Erzogen wird sie von ihrer Mutter Anne Alicia (1837–1908), Tochter des Reverend Sir J. Handcock, und einem Kindermädchen, aber als Erwachsene beklagt sie mehrfach, dass sie so gut wie keine Bildung erhalten habe. Für junge Mädchen in adligen Kreisen war das nicht vorgesehen. Ihr Vater ist mit der Verwaltung des Hauses und der großen Ländereien überfordert. Er überarbeitet sich, isst nicht mehr und stirbt 1871 an sogenannter Nervenerschöpfung. Seine Tochter erbt zwar seinen Besitz, darf ihn als Frau jedoch nicht verwalten oder anderweitig über ihn bestimmen. Außerdem ist sie ja noch minderjährig und kommt deshalb unter Amtsvormundschaft. Nun wird von ihr erwartet, dass sie bald heiratet und einen männlichen Erben produziert, der Haus und Land übernimmt. Die erste Hochzeit Als sie 18 Jahre ist, wird die zierliche junge Frau in London in die Gesellschaft eingeführt und heiratet ein Jahr später Captain Frederick Gustavus Burnaby (1842–1885). Er ist mit 37 Jahren deutlich älter als sie, groß und stark, hat sich als Soldat und Offizier einen Namen gemacht, aber auch als Abenteurer, der im Winter durch Zentralasien reitet und sieben Sprachen spricht. Durch die Heirat bekommt er 1000 GBP im Jahr von Elizabeths Eigentum zugesprochen, der Rest wird für den ersten Sohn aufbewahrt. In Irland lebt es sich um diese Zeit als Landadlige nicht besonders ruhig – von 1879 bis 1882 herrscht der sogenannte Land War, der zwar kein richtiger Krieg ist, aber dennoch mit Unruhen und manchmal auch Gewalt daherkommt: Bauern und Pächter kämpfen gegen Hunger und Verarmung und wünschen sich Landreformen und mehr Rechte. Meist versuchen sie es mit Arbeitsverweigerung, bis ihnen bessere Behandlung und Bezahlung zugesichert wird. (Aus dieser Zeit stammt übrigens der Begriff des Boykotts.) Fred entscheidet sich für ein Leben in London. Während Elizabeth sich noch über die große Hochzeitsfeier mit 400 Gästen in Kensington und die extravaganten Geschenke freut, wird ihr danach auf Hochzeitsreise in der Kurstadt Bad Homburg schon ein wenig langweilig. Auch ihre Wohnung in Kensington und Freds Überlegungen, Politiker zu werden, überzeugen sie nicht. Sie hatte gehofft, mit dem großen Abenteurer ein spannendes Leben zu führen. Ein erstes Abenteuer Zum Glück geht es doch bald auf Reisen. Bereits schwanger, begleitet sie ihren Mann nach Frankreich und über das Mittelmeer nach Algerien, wo sich um diese Zeit viele reiche englische Tourist:innen aufhalten. Ob die beiden sich dort nur erholen, ist unklar. Möglicherweise sind sie spionierend Spionin unterwegs und erkunden zum Beispiel die Eisenbahnstrecken,

    55 min
  6. 09/05/2024

    Therese Prinzessin von Bayern (1850–1925)

    Eine Wittelsbacher Prinzessin auf der Flucht vor den höfischen Zwängen und einer unerfüllten Liebe. Als Naturwissenschaftlerin und begeisterte Sammlerin reiste Therese von Bayern durch Europa und Amerika und verfasste darüber ausführliche Reiseberichte. *** Diese Folge beruht auf der Therese-Biografie Ich habe mich vor nichts gefürchtet von Hadumod Bußmann. Sämtliche Zitate sind daraus entnommen, mit Ausnahme der Speidel-Zitate, die aus Die Prinzessin und ihr „Kavalier“ derselben Autorin stammen. *** Therese Charlotte Marianne Auguste Prinzessin von Bayern hat wichtige Zeiten in der bayrischen Geschichte miterlebt: vom Deutsch-Französischen Krieg über die Absetzung und Entmündigung sowie den Tod Ludwigs II., über die Regierungszeit ihres Vaters als Prinzregent bis hin zum Ende der Monarchie kurz nach dem Ersten Weltkrieg. Die bayrischen Könige im Schnelldurchlauf * Napoleon ernennt im Jahr 1806 den ersten bayrischen König: Maximilian I. Joseph macht aus Bayern einen „modernen“, aufgeklärten, säkularisierten Staat und bringt ihn auf den Weg zu einem Verfassungsstaat. Der „gute Vater Max“ stirbt 1825. * Sein Sohn Ludwig I. übernimmt den Thron. Den kennen treue Hörer:innen schon aus unserer Folge über Lola Montez. Er regiert in ruhigen, kriegsfreien Zeiten und hat viel Zeit für Architektur: Sein Lieblingsarchitekt Leo von Klenze erbaut zum Beispiel die Pinakotheken, die Staatsbibliothek, die Siegeshalle, die Theatinerkirche und schafft das München, das wir heute (architektonisch) noch kennen. 1848 stolpert er über seine vielen Liebesaffären und tritt zurück, kurz bevor die Revolution ausgerufen wird. * Maximilian II. muss nun die Reformversprechen seines Vaters einlösen: den Rechtsstaat stärken, die Freiheits- und Mitbestimmungsrechte verbessern, die jüdische Bevölkerung emanzipieren, die Bauernbefreiung beenden. Er war nicht besonders beliebt beim Volk und wohl auch nicht bei seinen Söhnen, die er streng bis brutal erzog. * Nach dem Tod seines Vaters wurde 1864 Ludwig II. mit nur 19 Jahren zum König ernannt. Den „Märchenkönig“ von Schloss Neuschwanstein kennen wir alle. Für seine Baubegeisterung nimmt er immer mehr Schulden auf und zieht sich aus der Öffentlichkeit zurück. Seine psychischen Probleme sind kein Geheimnis, und 1886 wird er entmündigt. Sein Onkel Luitpold übernimmt als Prinzregent die Regierungsverantwortung. Luitpold ist Thereses Vater. * Durch den Selbstmord von Ludwig II. wird dessen jüngerer Bruder Otto zum König. Der ist ebenfalls psychisch krank und nicht regierungsfähig. Von ihm erfahrt ihr später in dieser Folge mehr, denn für Therese spielt er eine wichtige Rolle. Luitpold bleibt Prinzregent. * Als Luitpold 1912 stirbt, übernimmt sein ältester Sohn Ludwig III. Der will allerdings nicht Prinzregent bleiben, sondern setzt Otto ab und krönt sich selbst zum König. Das bleibt er bis 1918, als nach dem Ersten Weltkrieg die Monarchie abgeschafft und Bayern zum Freistaat wird. Man freut sich über ein Thereschen Therese wird am 12. November 1850 in der Münchner Residenz geboren, und da es schon zwei Jungen gibt, freut man sich über das Mädchen. Nicht selbstverständlich für diese Zeit und royale Familien: Die Heirat ihrer Eltern war eine Liebesheirat. Mutter Auguste (1825–1864) war Kaiserliche Prinzessin und Erzherzogin von Österreich, Königliche Prinzessin von Ungarn und Böhmen sowie Großherzogliche Prinzessin von Toscana. Ihre Mutter starb früh an einem Lungenleiden,

    59 min

About

Inspirierende Portraits von Frauen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Technik und Politik, vorgestellt von Susanne Popp und Petra Hucke, Autorinnen historischer Romane. Habt ihr schon einmal gehört, dass die Brooklyn Bridge von einer Frau gebaut wurde? Wisst ihr, wer die Veuve Cliquot hinter der berühmten Champagnermarke war? Kennt ihr mehr als die Namen der Umweltaktivistin Rachel Carson, der promovierten Ärztin Dorothea Erxleben, der Naturforscherin Amalie Dietrich oder der Mathematikerin Ada Lovelace? Wir lesen ihre Biografien, erforschen ihre Hintergründe und präsentieren euch alle vierzehn Tage den Lebenslauf und die Lebensleistung von Frauen, die prominenter in unseren Geschichtsbüchern auftauchen sollten. Das beginnt mit universalgelehrten Frauen im frühen 17. Jahrhundert wie Anna Maria Schurmann und endet mit Politikerinnen kurz vor unserer Zeit wie Elisabeth Schwarzhaupt. Wir stöbern in Europa genauso herum wie in Nordamerika, strecken die Fühler jedoch nach und nach immer weiter aus. Starke Frauen können uns mit ihrer Durchsetzungsfähigkeit als Vorbild dienen, denn gerade in vergangenen Jahrhunderten hatten sie immer Schwierigkeiten, sich zu behaupten und einen Platz in der von Männern dominierten Welt zu finden. In unserem Podcast bekommen sie die Aufmerksamkeit, die sie verdient haben. Weitere Hintergrundinformationen zu den einzelnen Folgen und zu uns als Hosts findet ihr auf https://frauenleben-podcast.de, wo wir auch einen Blog mit weiteren Biografien und Fundstücken führen. Susanne Popp veröffentlicht in diesem Jahr beim Rowohlt-Verlag eine historische Romanbiografie über die Veuve Cliquot, die Frau hinter der gleichnamigen Champagnermarke. "Madame Cliquot und das Glück der Champagne" ist zur Zeit noch in Arbeit, aber der Erscheinungstermin steht bereits fest, nämlich der 17. November 2020 (ab 1. November als E-Book). Freut euch auf eine ebenso spannende wie unterhaltsame Geschichte über eine mutige Frau, die in schwierigen Zeiten ihren eigenen Weg geht. Petra Hucke hat nach einem Mystery-Thriller den historischen Roman "Solch ein zephyrleichtes Leben" über die Tänzerin Ida Brun veröffentlicht. Im Juli 2021 erscheint beim Piper-Verlag die Romanbiografie „Die Architektin von New York“ über Emily Warren Roebling und ihre Lebensgeschichte, die sie selbst wohl nie so hätte voraussehen können. Weitere Frauenbiografien, für die wir bereits Episoden veröffentlicht oder fest eingeplant haben: Die Archäologin Mary Leakey, die studierte Ärztin und Lehrerin Maria Montessori, die erste US-Präsidentschaftskandidatin Victoria Woodhull, die Juristin und Frauenrechtlerin Iris von Roten, die Physikprofessorin Laura Bassi, die Erfinderin Hedy Lamarr und die Chemikerin Alice Augusta Ball. Habt ihr Vorschläge für weitere Geschichten von Frauen? Wir freuen uns auf eure Ideen! Einfach eine Email schreiben an kontakt@frauenleben-podcast.de

You Might Also Like

Content Restricted

This episode can’t be played on the web in your country or region.

To listen to explicit episodes, sign in.

Stay up to date with this show

Sign in or sign up to follow shows, save episodes, and get the latest updates.

Select a country or region

Africa, Middle East, and India

Asia Pacific

Europe

Latin America and the Caribbean

The United States and Canada