Lachen und Weinen

Bruno Glöckner, Jakob Scheich

Philosophie, Anthropologie und Kulturkritik in dialogischen Essays, ideengeschichtlicher Comedy, historischen Hörspielen, literarischem Schweifen und seriösen Wahrheiten. Auch im Blog unter lachenundweinen.org

  1. 6. NOV.

    39. Blaue Heimreise (mit Matthias Diermeier)

    Aus gegebenem Anlass - NRW-Wahlen und landesweite “Stadtbild”-Diskussion - befassen wir uns ein weiteres Mal mit dem Rechtsruck in Deutschland und der AfD. Die Deutschen befinden sich laut Sloterdijk nach einem längeren “Urlaub von der Weltgeschichte mitten im Heimreiseverkehr”. Die in der Bundesrepublik totgesagte nationalistische, ja faschistische Vergangenheit lebt fort und wir finden uns wieder in einem Kulturkampf, den wir glaubten, in die Geschichte verbannt zu haben. Bruno spricht mit dem promovierten Ökonom und Sozialwissenschaftler Matthias Diermeier, der für das Institut der deutschen Wirtschaft in der politischen Beratung tätig ist und mit seiner Promotion den Schwerpunkt seiner empirisch geschulten Forschung auf die Analyse rechtsradikaler Bewegungen gelegt hat. Mit Matthias lassen sich Fragen, die sich heute einfach jeder fragt, wie die nach den Gründen für das Erstarken der AfD, stellen und differenziert beantworten. Warum sind AfD-Anhänger immun gegen rationale Argumentation und warum beten sie die Sicherheit des Landes, der Straßen, Bahnhöfe, Kitas und Vorgärten als den höchsten Gott an? Wir fragen nach den konkreten Inhalten ihres Parteiprogramms bzw. fragen, ob es sie überhaupt gibt oder inwiefern ihre Umsetzung der Wählerschaft selbst schadet. Statt Inhalten finden wir ein formales Charakteristikum: Allgemeines, undifferenziertes Dagegensein. In gemeinsamer Erörterung gelangen wir an die Leistungsgrenze der Erklärungskraft quantitativer Sozialforschung und fragen, wie man den AfD-Wähler darüber hinaus verstehen und erreichen kann. Dabei lassen wir uns beide aus Adornos nach wie vor aktuellem Vortrag “Aspekte des neuen Rechtsradikalismus” von 1967 das ein oder andere Stichwort einflüstern. Dr. Matthias Diermeier im Internet:https://www.iwkoeln.de/institut/personen/matthias-diermeier.html Sein zur Sprache gekommener Artikel:https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2024/heft/7/beitrag/oekonomische-ungleichheit-und-das-erstarken-des-rechten-randes-die-empirische-suche-nach-einem-zusammenhang.html 00:00    Begrüßung und Vorstellung des Gasts 03:00    Einstieg ins Thema: Kommentar zur “Stadtbild”-Debatte 10:51   Rechtsruck und die aktuelle Stellung der AfD 19:10   Der Ruf der faschistischen Vergangenheit 21:23   Die neuen Rechten – erste Bestimmungen 27:38   Nativismus, Autoritarismus, Populismus (“Dünne Ideologie”) 32:18   Marxistische Theorie des Nationalismus und ihre Aktualität (Adorno) 36:00   Entstehungsgeschichte der AfD und wirtschaftspolitische Hintergründe 41:10   Bestimmung des Herkunftsmilieus der AfD Anhängerschaft (“Prekarisierung”) 47:21   Vermeintliche Ungerechtigkeiten in der Umverteilung 51:00   Das “AfD-Paradox”  53:44   Von der quantitaven zur qualitativen Sozialforschung 01:00:28   Mittel zur Bekämpfung: Abschreckung, Realitätscheck, Demokratisierung 01:04:36   Sicherheit: der Hausgott der AfD? 01:07:54   Mögliche Lösungen: Selbsthilfe (individuell) und Repräsentanz (allgemein) Folgt Lachen und Weinen auf ⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠Instagram⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠ und lest noch mehr im Blog auf  ⁠⁠⁠lachenundweinen.org⁠⁠⁠⁠⁠⁠ Ihr könnt uns unterstützen durch eine Mitgliedschaft bei ⁠⁠⁠⁠⁠⁠Steady⁠⁠⁠⁠⁠⁠, durch einmalige Zahlungen über ⁠⁠⁠⁠⁠⁠Paypal⁠⁠⁠⁠⁠⁠ und per ⁠⁠⁠⁠⁠⁠Banküberweisung⁠⁠⁠⁠⁠⁠, vor allem auch indem ihr uns weiterempfehlt oder uns auf Spotify und Apple Podcasts bewertet. Vielen Dank!

    1 Std. 14 Min.
  2. 11. APR.

    38. Wir Flüchtlinge

    Hannah Arendts Essay “Wir Flüchtlinge” aus dem Kriegsjahr 1943 entdecken wir als einen normativen Leitfaden für die äußerst aktuelle Frage nach dem Status von und dem Umgang mit Geflüchteten neu. Wir empfinden die innere, geistige Erfahrung des Flüchtlings anhand von Arendts einfühlsamen Beschreibungen Vertriebener und Geächteter nach, und fragen im Rahmen klassischer Staatstheorien nach Genese und Sinn der Nationalstaaten im 20. Jahrhundert. Auch das weltweit zu beobachtende Phänomen einer Rekonsolidierung nationalistischer Kollektivierungsprogramme lassen wir nicht unkommentiert. Der Flüchtling erweist sich bei alldem als Universalfigur für den im Ringen der Staaten zwangsläufig marginalisierten und potenziell entrechteten Menschen. Die Absurdität der bis heute gültigen Tatsache, dass nur ein Staat substanziell das Recht gewährt, Rechte haben zu dürfen - und das obwohl es den Staat in gewissem Sinne nicht gibt - kommt auch im Hörspiel zum Tragen. Ebenso das auch in Diskursen hierzulande wieder erstarkende Faktum, dass der Staat trotz seiner unterstellten Fiktionalität über seine Bürger einiges an sehr realer Verfügungsgewalt innehat. Während Jakob Arendts wertvolle Analysen in der Erfassung und Kritik der gegenwärtigen politische Lage zur Anwendung bringt, wirft Bruno neueste Anekdoten aus seinem selbstgegründeten Trottelverein ein. Zuletzt vergeben wir ab sofort den Martin-Kippenberger-Forscherpreis für paranormale und außenakademische Forschungsleistungen. Literatur: Hannah Arendt: Wir Flüchtlinge (1943/1986) dazu https://www.deutschlandfunk.de/hannah-arendt-ueber-fluechtlinge-es-bedeutet-den-100.html Benedict Anderson: Imagined Communities: Reflections on the Origin and Spread of Nationalism (1983) Theodoer W. Adorno: Aspekte des neuen Rechtsradikalismus (1967/2019) Tipp: ⁠https://www.brandstaetterverlag.com/buch/wir-und-die-fluechtlinge/⁠ Inhalt: 0:00 Einführung ins Thema 5:24 Hörspiel 13:47 “Imagined Communities” von Benedict Anderson 18:55 Humes historische Kritik an der normativen Vertragstheorie 24:17 Problemstellung: Der Flüchtling 26:29 Berufsbezeichnungen 33:29 “Wir Flüchtlinge” von Hannah Arendt und der Flüchtling in der deutschen Politik 38:17 Nationalismus revisited mit Adorno 43:35 Die erfahrene Innenperspektive des Flüchtlings nach Arendt 46:55 Arendts rechtstheoretische Grundformel “Das Recht, Rechte zu haben” 51:04 Minimaldefinition des Flüchtlings 59:07 Arendts Plädoyer für den “Paria” 01:01:37 Die rechtliche “Nacktheit” des Flüchtlings 01:08:17 Die “Avantgarde der Völker” 01:14:17 Der Martin-Kippenberger Forscherpreis Danke an folgende Soundcrafter: rifle, 30-06 bolt action rifle, single shot by JoseIgnacioTriay -- https://freesound.org/s/515203/ -- License: Attribution NonCommercial 4.0 Wiese - Vögel, Tag, Insekten, Wind, unter Sträuchern 2.wav by BockelSound -- https://freesound.org/s/487753/ -- License: Attribution 4.0 Running .wav by Jellytots_Julie -- https://freesound.org/s/654584/ -- License: Attribution NonCommercial 4.0 Folgt Lachen und Weinen auf ⁠⁠⁠⁠⁠⁠Instagram⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠ und lest noch mehr im Blog auf  ⁠⁠lachenundweinen.org⁠⁠⁠⁠⁠ Ihr könnt uns unterstützen durch eine Mitgliedschaft bei ⁠⁠⁠⁠⁠Steady⁠⁠⁠⁠⁠, durch einmalige Zahlungen über ⁠⁠⁠⁠⁠Paypal⁠⁠⁠⁠⁠ und per ⁠⁠⁠⁠⁠Banküberweisung⁠⁠⁠⁠⁠, vor allem auch indem ihr uns weiterempfehlt oder uns auf Spotify und Apple Podcasts bewertet. Vielen Dank!

    1 Std. 18 Min.
  3. 23. FEB.

    37. Keep cool?

    Frohen Wahltag alle miteinander. Überbrückt die Stunden bis zu den vorläufigen Ergebnissen mit uns und kommt ein bisschen runter. Wahrt eure Fassung, kühlt euer Gemüt - es hilft ja nichts! Wir sprechen über die Coolness und ihre Rückseite. Eidetisch variierend nähern wir uns der Coolness als Phänomen und einigen uns: die Coolness ist ein Habitus. Wir sprechen darüber, was das noch gleich war bzw. lassen es uns von einem berühmten Franzosen mit Abstammung aus der Arbeiterklasse, der außerdem ein fettleibiges Buch zum Thema geschrieben hat, erklären. Die Coolness hält eigentlich von der aktiven Einmischung ab und zwingt den Coolen zur Distanzierung - wir hinterfragen aber, ob es heute wirklich noch uneingeschränkt cool sein kann, sich herauszuhalten. Wir drehen und wenden unseren Gegenstand von der Stoa bis zu den ca. 5 coolsten Politikern unserer Zeit - sie zögern, sie zittern und sie hassen nicht. Inhalt: 00:00:00 Begrüßung 00:04:32 Hörspiel: Cicero und Cato 00:13:37 Statue, Maske, Spiel, Entfremdung, Anerkennung 00:30:10 Habitus (und Klasse) 00:42:20 Stoizismus und Kühle 01:07:40 Berufsbezeichnungen 01:12:42 Coolness in der Neuzeit bis heute 01:32:59 Versuch eines Fazits 01:35:25 Ranking der coolsten 3 Politiker 01:38:42 Abschied Literatur: Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede (1979) Epiktet: Handbüchlein der Moral (frühes 2. Jahrhundert n. Chr.) https://www.philomag.de/artikel/bourdieu-und-der-habitus https://en.wikipedia.org/wiki/Itutu Folgt Lachen und Weinen auf ⁠⁠⁠⁠⁠Instagram⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠ und lest noch mehr im Blog auf  ⁠lachenundweinen.org⁠⁠⁠⁠ Ihr könnt uns unterstützen durch eine Mitgliedschaft bei ⁠⁠⁠⁠Steady⁠⁠⁠⁠, durch einmalige Zahlungen über ⁠⁠⁠⁠Paypal⁠⁠⁠⁠ und per ⁠⁠⁠⁠Banküberweisung⁠⁠⁠⁠, vor allem auch indem ihr uns weiterempfehlt oder uns auf Spotify und Apple Podcasts bewertet. Vielen Dank!

    1 Std. 40 Min.
  4. 27. JAN.

    36. Die enge Stirn des Ressentiments

    Die Bundestagswahl steht an und wiedervereint sprechen Jakob und Bruno über ein kompliziertes, relativ junges und hochphilosophisches Gefühl - das Ressentiment. Im deutschen ein Lehnwort aus dem Französischen, für das es keine wirklich adäquate Übersetzung gibt - im Französischen ein vom König des Essais, Michel de Montaigne, eigens geschöpftes Wort, bezeichnet es eine sehr genau benennbare Zusammensetzung einiger eher unangenehmer Gefühle. In der richtigen Konstellation ergibt sich als Ressentiment dann eine hochpathologische und politisch gefährliche Dynamik, die sich auch an der Wahlurne entladen kann. Damit es am 23. Februar nicht zu einer allzu destruktiv anklingenden Emotionensymphonie kommt, wollen wir euch auf die anstehende Bundestagswahl gebührend vorbereiten - soweit das philosophisch möglich ist. Wie immer gilt: Bekämpfung der Ernsthaftigkeit, auch parteipolitisch. Und das angesichts der Situation, in der wir uns BE-fin-den.Außerdem: Jakob bewirbt sich als Sonderbeauftragter für die kommende Bundesregierung, Bruno arbeitet auf dem Friedhof. Im Hörspiel - wer hätte das gedacht - leidet ein Patient, trifft zu seinem Glück auf einen hochkreativen Therapeuten. Niemand ist gefeit, ein Ressentiment zu entwickeln, am allerwenigsten schützt Geld davor. Inhalt: 00:00:00 Anmoderation und Themenbestimmung 00:05:10 Hörspiel: Der Patient geht ins Offene 00:17:31 Definitionsansätze des Ressentiments 00:21:01 Ressentiment nach Montaigne 00:25:41 Definition nach Max Scheler 00:29:01 Nietzsches Theorie des Ressentiment 00:39:21 Wie erkennen wir das Ressentiment? 00:42:36 Verschwörungstheorien und Kollektivierung des Ressentiments 00:46:37 Schelers Stufenmodell des Ressentiments 00:52:21 Ressentiment und Demokratie 00:54:26 Leon Wurmser 00:59:59 Aussicht auf die Bundestagswahlen 01:08:26 Berufsbezeichnungen 01:11:15 Internet und Social Media 01:17:31 Schlusswort zu Ressentiment und Politik Folgt Lachen und Weinen auf ⁠⁠⁠⁠Instagram⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠ lest noch mehr im Blog auf  lachenundweinen.org⁠⁠⁠ Ihr könnt uns unterstützen durch eine Mitgliedschaft bei ⁠⁠⁠Steady⁠⁠⁠, durch einmalige Zahlungen über ⁠⁠⁠Paypal⁠⁠⁠ und per ⁠⁠⁠Banküberweisung⁠⁠⁠, vor allem auch indem ihr uns weiterempfehlt oder uns auf Spotify und Apple Podcasts bewertet. Vielen Dank!

    1 Std. 22 Min.
  5. 23.12.2024

    35. Magic Mountain Calling (mit Michael Kerkmann)

    In Begleitung eines weiteren Gastes begibt sich Bruno auf eine literarische Exkursion, während Jakob in Elternzeit ist. Gemeinsam erkundet er mit einem Pfadfinder geistiger Hochebenen das mysteriöse Terrain des Zauberbergs, dem Jahrhundertroman von Thomas Mann, der just in diesen Tagen sein 100-jähriges Jubiläum feiert. Die Geschichte eines durchschnittlich begabten angehenden Schiffbauingenieurs, der seinen lungenkranken Vetter im Sanatorium “Berghof” für wenige Wochen besuchen will, um schließlich ganze sieben Jahre “dort oben” zu verweilen, ist Vieles in Einem: ein geistiges Epochenpanorama der klassischen Moderne, ein letzter Blick auf die bürgerliche Welt vor ihrem Untergang, die Vorgeschichte des ersten Weltkriegs und der intellektuelle wie libidinöse Reifungsprozess eines jungen Mannes. Hans Castorp, so der Name des Protagonisten, ist Verführungen aller Art am Zauberberg ausgesetzt: geistiger, politischer, ästhetischer und schließlich erotischer. Er ist das bürgerliche Individuum unter den Bedingungen der Moderne: ohne Bindung an tradition und Familie befindet er sich im freien Fall. Die Vernunft und die Ideale und Errungenschaften vermögen ihn nicht mehr zu erden, nachdem er seine Disposition zur Krankheit entdeckt hat. Sie öffnet ihm den Weg der Selbsterkenntnis, auf dem er nicht geradlinig wie aus Platons Höhle herausklettert, sondern auf dem er mehrfach anhält, an Abbiegungen zögert, sich umdreht, nach hinten schaut, kehrt macht und im Kreis läuft, um schließlich einen Schritt vorwärts zu machen. Inhalt: (00:00:00) Anmoderation und Begrüßung des Gastes (00:04:10) Ist Thomas Mann dem Realismus zuzurechnen? (00:05:02) Einführung in das Thema (00:09:41) Der Protagonist des Romans (00:12:51) Handlungsaufbau des Romans (00:22:58) Die Hermetik des Zauberbergs (00:24:35) Der geistige Antagonismus im Werk Thomas Manns (00:28:56) Hermeneutischer Zirkel und verschiedene Weisen des Verstehens (00:34:22) Die Person Thomas Mann (00:36:30) Verführung und Verwirrung auf dem Zauberberg (00:46:55) Der "Scheitelpunkt" der Romanhandlung (00:57:30) Der Gegensatz von Künstler und Bürger damals und heute (01:01:35) Gegenwartskunst ohne Antagonismus (01:07:23) Das Ende des Zauberbergs im ersten Weltkrieg (01:11:20) Wie klassisch ist der Zauberberg und was bleibt von ihm? Folgt Lachen und Weinen auf ⁠⁠⁠⁠⁠Instagram⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠⁠ lest noch mehr im Blog auf  ⁠lachenundweinen.org⁠⁠⁠ Ihr könnt uns unterstützen durch eine Mitgliedschaft bei ⁠⁠Steady⁠⁠, durch einmalige Zahlungen über ⁠⁠Paypal⁠⁠ und per ⁠⁠Banküberweisung⁠⁠, vor allem auch indem ihr uns weiterempfehlt oder uns auf Spotify und Apple Podcasts bewertet. Vielen Dank!

    1 Std. 16 Min.
  6. XIV. Kitsch

    24.09.2024

    XIV. Kitsch

    Erstmals in voller Länge online! Wir beschäftigen uns mit Grundfragen der Ästhetik anhand des notorisch gering geschätzten Kitsches. Was ist guter Geschmack, was ist schlechter Geschmack? Wir klären diese jahrtausendealte Streitfrage ein für alle mal. Der Kitsch jedenfalls wird vom Heidelberger Philosophen Ludwig Giesz zwar auch als kulturelles Phänomen aufgefasst, vor allem aber als Phänomen im Sinne der Phänomenologie! Die ästhetischen Zustände, die er am Subjekt analysiert, stellen sich den ästhetischen Gegenständen der Vertreter einer jeden objektiven Ästhetik (z.B. Adorno) entgegen. Ein eher konservativer Einschlag lässt Giesz abseits der Methodik dennoch kitschige Kulturerzeugnisse in scharfen Gegensatz zur (wahren) Kunst setzen. Dagegen geht Susan Sontag zur beinahe gleichen Zeit auf der anderen Seite des Atlantik vor. Ihr Camp ist moralfrei und meint Kitsch, der als lebendiges, antielitäres Kulturprodukt Läuterung erfahren kann. Alles kann Kitsch sein, alles Camp - sodass wir uns am Ende vor allem fragen, was die ganze Aufregung eigentlich soll und ob wir nicht deutschen Bierernst gegen Heiterkeit eintauschen sollten, auch in Fragen der Ästhetik. Einen wahren Gegner bedeutungsvoller ästhetischer Lebensgestaltung und -erschließung gibt es dabei womöglich doch. Es ist der Lifestyle, der bloß noch ästhetische Erzeugnisse sich wünscht, die er sich leisten kann, ohne zur Frage herausgefordert zu werden: “Muss ich mein Leben ändern?” Die Ästhetisierung der Lebenswelt droht dann, Deko zu werden und damit der Kunst die Bedingung ihrer Möglichkeit zu entziehen. Überdies werden meist Leben dekoriert, deren latenter Sinnmangel sinnlich kompensiert werden soll. Alle vergangenen "II. Folgen" erhalten unsere Steady-Mitglieder im Podcatcher ihrer Wahl oder direkt bei Spotify. Folgt Lachen und Weinen auf Instagram Twitter lest noch mehr im Blog auf lachenundweinen.org Ihr könnt uns unterstützen durch eine Mitgliedschaft bei Steady, durch einmalige Zahlungen über Paypal und per Banküberweisung, vor allem auch indem ihr uns weiterempfehlt oder uns auf Spotify und Apple Podcasts bewertet. Vielen Dank!

    1 Std. 8 Min.
  7. 17.08.2024

    33. Die (un)erträgliche Zufälligkeit des Seins

    Glück ist das, was einfach so passiert und das man gut findet. Pech hingegen ist etwas, das ebenso kontingent eintritt, das wir aber doof (bis sehr beschissen) finden. Zwei wichtige Pole in jedem menschlichen Leben also: Glück und Pech. Die Summe beider Arten von zufälligen Ereignissen können wir – versucht mal, uns davon abzuhalten! – Schicksal nennen. Am Schicksal kann man nun aber auch verzweifeln. Was tun (Lenins Frage!), damit das nicht passiert? An der Lebenskunst führt kein Weg vorbei. Wir betrachten sie einmal von einer anderen Warte aus und kommen erst gegen Ende unvermeidlicherweise doch auch zum Glück als Zustand, zum Glück als qualitativen Begriff – zum Glück im Sinne der Eudaimonia. Aber was tun? Eine offensichtliche Antwort: Lotto spielen. Mit anderen Worten: Das Glück aktiv herausfordern, egal wie schlecht die Chancen stehen. Schlussendlich lieber Hanswurst, als ...? Denn als Trottel darf man sich auch heiter durchs Leben bewegen. Inhalt: 00:00:00 Lotto als Jaach op das Jlöck 00:07:22 Begrüßung und Berufe 00:18:11 Glück (und Verzweiflung?) 00:41:20 Amor fati, Epikur und die Stoiker 01:02:20 Abschied und Ankündigung Alle "II. Folgen" erhalten unsere Steady-Mitglieder im Podcatcher ihrer Wahl oder direkt bei Spotify. Folgt Lachen und Weinen auf Instagram Twitter lest noch mehr im Blog auf lachenundweinen.org Ihr könnt uns unterstützen durch eine Mitgliedschaft bei Steady, durch einmalige Zahlungen über Paypal und per Banküberweisung, vor allem auch indem ihr uns weiterempfehlt oder uns auf Spotify und Apple Podcasts bewertet. Vielen Dank!

    1 Std. 4 Min.
5
von 5
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