SchönerDenken FilmPodcast

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Der erste Eindruck - direkt nach dem Kino - in etwa 12 Minuten und spoilerfrei, versprochen. Das ist unser Kerngeschäft. Ansonsten echte Liebe für japanische Filme, eine Schwäche für Science-Fiction und ungebrochene Entdeckungslust für bekannte und unbekannte Klassiker.

  1. Folge 1313: MEGALOPOLIS - Stadt der (Alp-)Träume

    OCT 11

    Folge 1313: MEGALOPOLIS - Stadt der (Alp-)Träume

    Es ist ein schönes, eingängiges Narrativ: Ein alter Regisseur realisiert nach 30 Jahren endlich seinen großen Kino-Traum, verkauft dafür sein Hab und Gut, hört auf keinen Rat und keine Kritik und scheitert am Ende grandios. Ganz so einfach ist es aber nicht. MEGALOPOLIS bietet eine großartige Darstellerriege auf, allen voran Adam Driver als Architekt und Visionär und Aubrey Plaza als leidenschaftliche Aufsteigerin. Die Themenbreite ist ehrfurchtgebietend: der Wunsch nach einer besseren Welt für alle, die Macht einzelner superreicher Banker, populistische Volkstribune, die die Menschen aufhetzen, Sex, Verführung, Dekadenz (der Circus!), Betrug und am wichtigsten: die Frage nach der Bedeutung der Kunst und Kultur. Das alles vor dem Hintergrund des klassischen Roms, transportiert in ein New York der nahen Zukunft. Das ist auf jeden Fall ambitioniert. Die visuelle Umsetzung ist gelinde gesagt gewagt und gewöhnungsbedürftig. Einige merkwürdige Szenenbilder sehen aus, als hätte man kurzfristig improvisiert. Angesichts offenbar chaotischer Produktionsbedingungen und schwindendem Budget kein Wunder. Die Qualität der fast magischen Eröffnungsszene erreicht der Film in seiner ganzen Laufzeit kaum mehr. Gestelzte Dialoge und längere philosophische Zitate wechseln sich mit Shakespeare-Splittern ab. Am Ende ist es mehr Theater als Kino, mehr Fragment als Film, mehr Mosaik als immersives Erlebnis. Im Podcast direkt nach dem Kino sind wir unterschiedlicher Meinung, von eher frustriert bis eher fasziniert und reden über angehaltene Zeit, den Gesang der Jungfrauen, über Visionen, Nazi-Symbole und über den Schlussakkord. Am Mikrofon: Johanna, Marc und Thomas.

    18 min
  2. Folge 1312: THE SUBSTANCE - Coralie Fargeat geht dahin, wo es wirklich wehtut. Und einen Schritt weiter.

    SEP 28

    Folge 1312: THE SUBSTANCE - Coralie Fargeat geht dahin, wo es wirklich wehtut. Und einen Schritt weiter.

    Das letzte Drittel von THE SUBSTANCE ist derart intensiv, dass alles, was davor passiert, in der Erinnerung schnell verblasst. Und das ist das eigentliche Problem dieses Films. Coralie Fargeat erzählt die Geschichte der erfolgreichen Hollywood-Größe Elizabeth Sparkle – inklusive Stern auf dem Walk of Fame. Elizabeth (Demi Moore) wird ausrangiert, einfach nur, weil sie die magische Grenze von 50 Jahren erreicht hat. Obwohl sie im Rahmen der biologischen Möglichkeiten das Schönheitsideal des Showbusiness noch erfüllt und als sportliche Aerobic-Queen wie einst Jane Fonda eine eigene Sendung hat, soll sie durch eine viel Jüngere ersetzt werden. Fargeat inszeniert das mit Froschaugenoptik und unappetitlichen Nahaufnahmen – zum Beispiel wenn Dennis Quaid Garnelen verschlingt, während er Elisabeth den Karrieretod verkündet. Aber es gibt einen Ausweg: Die Substanz. Einmal aktiviert, schlüpft aus dem Rücken von Elizabeth eine junge, sexy Version von ihr – Sue (Margaret Qualley). Und hier kippt der bislang so sehenswert inszenierte Film in ein unsubtiles Duell zwischen Jung und Alt. Denn die wundersame Verjüngung funktioniert nur, wenn Regeln eingehalten und gerade Sue bricht die Regeln – mit monströsen Folgen. Coralie Fargeat wirft sich mit Schwung und einer unübersehbaren Freude an ekligen Details in das Body-Horror-Genre, sichtlich bemüht Vorbilder wie DIE FLIEGE von Cronenberg oder DER ELEFANTENMENSCH von Lynch hinter sich zu lassen und zumindest quantitativ zu übertreffen. Aus einer prunkvollen Silvesterfernseh-Gala wird eine derart magenumdrehende Freakshow, dass alles, wirklich alles, was Fargeat jenseits des Gores im Film aufgebaut hat, der feministische Ansatz, der Umgang mit dem male gaze, das alles wird von mehreren tausend Litern Kunstblut weggeschwemmt. Sie geht dahin, wo es richtig wehtut und dann noch einen entschiedenen Schritt weiter. Auf der einen Seite mochte ich den Stilwillen und den schwarzen Humor, auf der anderen Seite war mir tatsächlich schlecht nach dem Kino. In diesem Zustand haben wir direkt nach dem Film unseren Podcast aufgenommen und ich war der einzige, der ein gutes Haar am Film gelassen hat. Unter anderen haben wir den Film mit TITANE von Julia Ducournau verglichen, der allerdings viel komplexer und subtiler ist. Am Mikrofon diesmal: Heidi, Tom, Peter und Thomas.

    6 min
  3. Folge 1311: Denis Villeneuves Kurzfilme REW-FFWD / NEXT FLOOR

    SEP 26

    Folge 1311: Denis Villeneuves Kurzfilme REW-FFWD / NEXT FLOOR

    Der Frankokanadier Denis Villeneuve gehört zu den erfolgreichsten Regisseuren der Welt. Spätestens seit den beiden DUNE-Filmen ist er einem großen Publikum bekannt. Aber woher kommt Villeneuve – als Künstler? Gehen wir an den Anfang: Der 30-minütige Film REW-FFWD von 1994 ist Villeneuves erste Regiearbeit. Die fragmentarische Geschichte eines Mannes, der in Kingston auf Jamaica strandet, ein „broken down road movie“ konsequent aus der Perspektive des Protagonisten gedreht, der folglich nie zu sehen ist. Seine Angst vor den Jamaicanern im Armenviertel erweist sich als unberechtigt. Statt Raubüberfall erlebt er eine Music-Session … Im Podcast direkt nach dem Film sprechen Kristin und Thomas – unterbrochen vom Glockengeläut der Marienkirche gegenüber des Programmkinos Caligari – über eine wackelige Kamera, Zeitsprünge, die Selbsteinordnung als Psychodrama und die spannende Diskrepanz zwischen Bild und gesprochenem Text. Der Kurzfilm NEXT FLOOR gehört nicht zu Villeneuves Frühwerk: Er stammt aus dem Jahr 2008 – eine düstere, schon sehr stilsichere Allegorie, die an die Atmosphäre von BRAZIL erinnert. Wir sehen eine Gruppe von reichen Menschen (fast alles Männer) an einer reichgedeckten Tafel sitzen. Es gibt viel Fleisch, auch von exotischen Tieren, sogar von einem Nashorn. Der Hunger und die Gier der Tischgesellschaft ist nicht zu bremsen, es wird gefressen, bis wortwörtlich der Boden zusammenbricht und samt der Musikkapelle auf der nächsten tieferliegenden Ebene weiter geht – vom Kellner mit der kurzen Aufforderung „Next Floor“ quittiert. Die Bedeutung ist unmissverständlich: Die Privilegierten verschlingen die Ressourcen der Erde, überschreiten dabei alle roten Linien, bis die Menschheit ganz unten in der Finsternis ankommt. Im Podcast direkt nach dem Film reden Kristin und Thomas über die Darstellung des Essens und das Durchbrechen der vierten Wand am Ende des Films durch den vorwurfsvollen Blick des Kellners, der uns alle, jeden Einzelnen im Kinosaal, anschaut. Danach noch ein paar Worte zu einer Naturdoku, an der Villeneuve in jungen Jahren mitgewirkt hat. Unsere Podcast-Episoden zu den Filmen von Denis Villeneuve.

    12 min
  4. Folge 1308: Ryusuke Hamaguchi EVIL DOES NOT EXIST (Aku wa sonzai shinai)

    SEP 14

    Folge 1308: Ryusuke Hamaguchi EVIL DOES NOT EXIST (Aku wa sonzai shinai)

    Als Stadtmenschen müssen wir uns erst einmal Hamaguchis Entschleunigung ausliefern. Im Stil einer kontemplativen Dokumentation beobachten wir für eine ungewohnt lange Zeit, wie Takumi (Hitoshi Omika) Holz sägt, es spaltet, es ans Haus bringt, es aufstapelt, bevor er mit einem Freund Wasser aus einer Quelle schöpft, aufreizend langsam, Schöpflöffel für Schöpflöffel, Wasser, das später für den herausragenden Geschmack von Udon-Nudeln in einem Restaurant sorgen wird. Aber die düstere Musik von Eiko Ishibashi macht von Anfang an klar: Diese Idylle ist bedroht, wir spüren kommende Gefahren. Für Konflikte sorgen dann Vertreter einer Firma, die eine Glampinganlage in die Natur setzen will – und damit die Wasserversorgung des Dorfes beeinträchtigen würde. In den wenigen Dialogszenen werden die verschiedenen Denkweisen klar: Bemühen um Harmonie und Gleichgewicht auf der einen Seite, auch und gerade mit der Natur, und Gewinnstreben auf der anderen Seite. Der Spätkapitalismus kollidiert mit nachhaltigem Handeln. EVIL DOES NOT EXIST lässt Raum für Interpretationen und allegorische Ebenen: Das Bild von den Menschen, die am oberen Flußlauf wohnen und für die Menschen, die am unteren Flußlauf wohnen, Verantwortung übernehmen müssen, verweist auf die Verantwortung der Reichen gegenüber den Armen und auf die Verantwortung der Menschen für kommende Generationen. Aber während in den ruhigen Bildern solche Gedanken im Publikum aufkommen, und Takumi ein verlockendes Angebot bekommt, eskalieren die Konflikte zwischen Stadt und Land, zwischen Gier und Bescheidenheit. Im Podcast direkt nach dem Film müssen wir erst einmal das dramatische Ende verdauen und den Rätseln nachspüren, die Hamaguchi nicht auflöst. Am Mikrofon: Bettina, Johanna und Thomas. Wir haben den Film auf Mubi gesehen. Unser erster Eindruck von DRIVE MY CAR und WHEEL OF FORTUNE AND FANTASY.

    21 min

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Der erste Eindruck - direkt nach dem Kino - in etwa 12 Minuten und spoilerfrei, versprochen. Das ist unser Kerngeschäft. Ansonsten echte Liebe für japanische Filme, eine Schwäche für Science-Fiction und ungebrochene Entdeckungslust für bekannte und unbekannte Klassiker.

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