Ich bin schon länger Deutschlandfunkhörerin und finde die Interviews fast durchweg spannend. Eine Sache ist mir aufgefallen, die ich gern einmal zurückspiegeln möchte. Fast durchgängig alle Interviews finden nach „Schema F“ statt. Die das Interview durchführende Person versucht die interviewte Person durch kritische (teilweise penetrante) Fragen der Lüge zu überführen. Ist das wirklich unsere Art des Umgang miteinander? Könnte nicht auch ein Interview ein Austausch von Gedanken sein? Zu erfahren, was sich eine Person vielleicht bei einem Konzept, einem Angang oder was auch immer gedacht hat? Ein Beispiel dazu: ein Interview mit dem Zukunftsforscher Matthias Horx dazu zu nutzen, ihn der Lüge zu überführen („sie hatten folgende Utopie, davon ist ja nicht viel eingetroffen“) ist doch wirklich verschenkte Zeit. Was folgt aus diesen Fragen? Der Interviewte geht (nachvollziehbarerweise) direkt in eine Abwehrhaltung und die spannenden Dinge, von denen er vielleicht hätte erzählen können, bekommen wir als Hörerinnen und Hörer leider nicht zu hören. Die Zeit wird damit verschwendet, dass er sich erst einmal erklären muss. Ich bin wirklich für kritischen Journalismus und gerade in der aktuellen Situation sehr froh, dass es den Deutschlandfunk gibt. Ich bin auch für kritisches Hinterfragen. Es gibt allerdings aus meiner Sicht einen Unterschied, zwischen (einigen!) kritischen Rückfragen bei (einigen!) Themen und einem generell negativen Menschenbild („alle Menschen sind Lügner und ich werde sie entlarven“). Wie wäre es mal mit der Annahme, vielleicht meint der Andere es gut? Wie wäre es mal mit dem Angang, ich schaue mal, was diese Person Spannendes zu erzählen hat?