Familie Thurn und Taxis - Die Post ist da!

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In einem kleinen italienischen Dorf nördlich von Bergamo fängt alles an. Von dort stammt die Familie der Tasso, die schon bald hinaus in die Welt strebt und ab 1490 die ersten internationalen Postverbindungen in Europa betreibt. Die ?Thurn und Taxis?, wie sie sich später nennen, legen den Grundstein für das internationale Postwesen. Autor: Martin Schramm

Credits
Autor dieser Folge: Martin Schramm
Regie: Christiane Klenz
Es sprachen: Andreas Neumann, Rahel Comtesse, Jerzy May
Technik: Wolfgang Lösch
Redaktion: Andrea Bräu

Im Interview:
Dr. Martin Dallmeier. Historiker, ehemaliger Direktor des Regensburger Thurn & Taxis-Archivs;
Dr. Peter Styra, Historiker, Leiter des Fürst Thurn und Taxis Zentralarchivs

Literaturtipp:

Eine fundierte, sehr umfangreiche wissenschaftliche Darstellung der Thematik mit vielen Quellen und Illustrationen:
Behringer, Wolfgang: „Thurn und Taxis. Die Geschichte ihrer Post und ihrer Unternehmen.“ München/Zürich 1990. 

Linktipp:

Eine virtuelle Ausstellung der Museumsstiftung Post und Telekommunikation:
Franz von Taxis und die Erfindung der Post | Museum für Kommunikation Nürnberg
EXTERNER LINK | https://www.mfk-nuernberg.de/erfindung-der-post

Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.

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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.

Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:

MUSIK 1 (96239280101 Eric Terwillliger: Improviation über Till Eulenspiegel für Horn solo 0‘10)

MUSIK 2 (M0010633020 Marc Marder: Innocent Games 0‘37)

ZITATOR (Q: Johann Jacob Moser, 1742, S.262)

„Es bleibet also das formliche Postwesen allerdings eine Taxische Erfindung, welche gantz erstaunliche Folgen nach sich gezogen und die Welt in manchen Sachen fast in einen andern Model gegossen hat […] und ist es zwar jetzso so leicht nachzumachen wie die Schiffahrt dem Columbo; wer weiß aber, ob die Welt nicht noch eben so lang als zuvor würde gestanden seyn, ohne von den Posten oder America etwa zu erfahren, wenn kein Taxis und kein Columbus gekommen wäre?“

SPRECHER

Columbus, der Entdecker der neuen Welt -

SPRECHERIN

Familie Taxis, die Begründer der modernen Post.

SPRECHER

Zumindest Johann Jacob Moser, immerhin der führende Reichspublizist des 18. Jahrhunderts, stellt beide für ihre Verdienste auf eine Stufe.

SPRECHERIN

Fest steht aber auch: Nicht nur die Welt hat von der Post profitiert. Auch die Familie „Thurn und Taxis“. Das Schicksal der „Thurn und Taxis“ ist untrennbar verbunden mit dem Aufbau eines völlig neuen Kommunikationsnetzes, um Botschaften von A nach B zu bringen. 

MUSIK 3 (96239280101 Eric Terwilliger: Improviation über Till Eulenspiegel für Horn solo 0‘10)

ZITATOR

Die „Initialzündung“ - oder: Von Stafetten und Felleisen

MUSIK 4 (Fantasia XI für Laute 0‘38)

SPRECHER

Angefangen hat alles in einem kleinen italienischen Dorf - in Cornello, nördlich von Bergamo. Ein Dorf so klein, dass man es selbst heute noch nicht mit dem Auto erreicht.

SPRECHERIN

Aus diesem kleinen Nest stammt die Familie Tasso, die sich bereits im 12. Jahrhundert auf den Kurierbereich spezialisiert hat - und schon bald hinaus in die Welt strebt.

SPRECHER

Die Tasso dienen u.a. der Republik Venedig als verlässliche Boten in politischen Missionen.

SPRECHERIN

Um 1490 - in einer Zeit voller Umbrüche – legen die Tasso schließlich die Basis für ein Familienunternehmen, das in der obersten Liga mitspielen wird: Für das spätere „Imperium“ der „Thurn und Taxis“. Peter Styra, Leiter des Fürst Thurn und Taxis Zentralarchivs in Regensburg:

01-O-TON Styra

„Es ist also kurz vor 1500. Wir sind in der Zeit kurz vor der Reformation. Wir sind in der Zeit ja, der Buchdruck ist gerade erfunden. Das heißt also auch die Bildung stellt sich auf neue Beine. Wir sind in der Zeit der deutschen ersten Hochfinanz, mit den Fuggern und Welsern - also eine Zeit, in der sehr, sehr viel passiert. Also, die Renaissance bricht an. Es ist eine völlig neue Konzeption in ganz Europa. Es ist eine komplette Umstellung. Das einzige, was tatsächlich noch fehlt, ist eine gut funktionierende, und möglichst schnelle und zuverlässige Kommunikationseinrichtung.“

SPRECHERIN

Vor allem für die Mächtigen der Zeit ist die von zentraler Bedeutung. Z.B. für König Maximilian I. - dem späteren Kaiser Maximilian.

SPRECHER

Der hatte ein aufkommendes Weltreich zu regieren - u.a. mit dem im Nordwesten etwas abgelegenen Burgund. Von seiner Residenzstadt aus in Innsbruck war das aber gar nicht so einfach zu bewerkstelligen. Der Kaiser brauchte daher dringend eine schnelle, verlässliche Post:

02-O-TON Styra

„Da müssen Reichsteile verbunden werden, und der Kaiser möchte immer informiert werden, egal, wo er ist, ob er jetzt gerade in Spanien ist oder in Frankreich ist oder in England ist oder Italien ist oder in Innsbruck zu Hause. Er braucht Boten, als er braucht Informationen - und er holt sich tatsächlich diesen Francesco Tasso an seinen Hof nach Innsbruck und gibt ihm den Auftrag, praktisch im im Jahr als sozusagen ja fast zum Beamtenverhältnis, die Kaiserlichen Depesche von A nach B zu transportieren.“

MUSIK 5 (M0027373105 Gerd Baumann: Coyage à trois 0‘41)

SPRECHERIN

Die Familie Taxis macht sich an die Arbeit – allen voran Franz von Tasso – und begründet die „moderne Post“.

SPRECHER

Wie so oft in der Geschichte fangen aber auch die Tasso nicht bei Null an. Sie profitieren von dem, was andere bereits geleistet haben.

SPRECHERIN

Z.B. vom „Stafettensystem“. Das haben bereits die alten Römer entwickelt.

SPRECHER

Statt einen einzigen Boten für eine Strecke tagelang reiten zu lassen, ist „Teamwork“ angesagt: Die Boten übergeben ihre Ledertaschen, die sogenannten „Felleisen“ - nach dem französischen Wort Valise für Koffer –jeweils nahtlos an den nächsten Boten. Vorgewarnt durch ein Hornsignal, kann sich der bereithalten.

ATMO POSTHORN

SPRECHERIN

Die Post wechselt so rund alle 30 km, später sogar alle 15 km, zum nächsten Reiter mit frischem Pferd, und kommt ohne Unterbrechung viel schneller ans Ziel.

SPRECHER

Die dafür eingerichteten Wechselstationen hießen "Posta". Genau daraus leitet sich auch unser heutiges Wort "Post" ab.

MUSIK 6 (M0010633020 Marc Marder: Innocent Games 1‘06)

SPRECHERIN

Franceso Tasso perfektioniert dieses System - und schafft es 1490 tatsächlich erstmals, eine Depesche von Innsbruck nach Brüssel zu transportieren, in fünfeinhalb Tagen, wie von Maximilian gefordert.

SPRECHER

Es ist die „Geburtsstunde“, die „Initialzündung“ für die internationale Post.

SPRECHERIN

In der Folge gelingt es den Tasso durch eine ganze Reihe von Verträgen, ihr Unternehmen immer weiter auszubauen. Sie arbeiten ab 1501 für die Krone Spaniens und verlegen dazu ihre – heute würde man sagen „Firmenzentrale“ - von Innsbruck nach Brüssel, der Hauptstadt der damals spanischen Niederlande.

SPRECHER

Dort macht Francesco Tasso, - der sich schon bald „Franz von Taxis“ nennt - 1505 dann einen entscheidenden Schritt: Er schließt einen außergewöhnlichen Vertrag mit König Philipp I. von Spanien.

SPRECHERIN

Einen gleichberechtigten Vertrag zwischen einem Staat und einem „freien Unternehmer“. Damals ein Novum.

SPRECHER

Mit diesem Vertrag beginnt der Siegeszug der Taxis. Denn Franz von Taxis wird dadurch nicht nur finanziell solide ausgestattet, er erhält auch ungeahnte hoheitliche Rechte, die ihm ermöglichen, den Postdienst weitgehend unabhängig vom Staat zu organisieren: u.a. das Recht, die Postbediensteten aufgrund von Verfehlungen gegen Weisungen des Oberpostmeisters zu bestrafen. Außerdem „das Recht, jeden, der die Postbeförderung behindert oder die Unterstützung verweigert, zur Duldung bzw. Zusammenarbeit zu zwingen.“ usw.

SPRECHERIN

Diese rechtliche Sonderstellung sollte den Taxis im Postbereich bis ins 19. Jahrhundert erhalten bleiben.

SPRECHER

Und 1615 werden die Verdienste der Familie Taxis schließlich belohnt, indem das Amt des kaiserlichen Generalpostmeisters zum erblichen Lehen erhoben wird – und zwar als „Mannlehen“ wie auch als „Weiberlehen“, wie das damals hieß. Auch Frauen konnten so also das Postunternehmen führen.

SPRECHERIN

Die Taxis sitzen dadurch sicher im Sattel, niemand kann sie mehr verdrängen. Die Nachfolge durch die Generationen ist gesichert: Sie haben ein verbrieftes Monopol errungen.

SPRECHER

Mitte des 17. Jahrhunderts wollte man dann auch den Namen der Familie optimieren, hin zu einem Namen mit mehr „Glamour“, einem Namen, der klangvoll genug wäre, um damit in den Hochadel aufsteigen zu können.

SPRECHERIN

Denn die „Taxis“ galten eher als kleines Rittergeschlecht, das in den Kaufmannsstand gewechselt war. Ohne das wirklich beweisen zu können, behauptete man nun einfach, die Taxis würden vom italienischen Adelsgeschlecht „della Torre“, abstammen. - Der Kaiser genehmigte die Änderung und so e

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