Geist.Zeit

Thorsten Dietz & Andreas Loos

«Geist.Zeit»: Der Titel bringt auf den Punkt, was Theologie spannend macht. Geist zeichnet den Menschen und seine Zeit aus. Gott ist Geist, heisst es zugleich in der Bibel. Theologie ist Rede von Gott. Wenn es um Gott geht, geht es auch um uns. Nach Gott fragen, bedeutet immer auch, nach Selbst- und Welterkenntnis streben. Die Wahrheit des christlichen Glaubens kann jeweils nur in einer bestimmten Zeit ausgesprochen und verstanden werden. «Geist.Zeit» ist ein neuer Theologiepodcast von Fokus Theologie, der Fachstelle für Erwachsenenbildung der Deutschschweizer Reformierten Kirchen.

  1. 6D AGO

    Matthias Zeindler: Was ist reformierte Spiritualität?

    Bunt ist die heutige Landschaft der Spiritualität, in und ausserhalb der Kirche. Gibt es in all den vielfältigen Angeboten der Gegenwart noch so etwas wie eine typisch reformierte Spiritualität? So fragen Andi und Thorsten ihren Gast für diese Folge, Prof. Matthias Zeindler, langjähriger Leiter der Abteilung Theologie der Reformierten Kirche Bern, Jura und Solothurn. Auf den ersten Blick mag es so erscheinen, als wären die Reformatoren in der Schweiz vor allem Meister der Dekonstruktion gewesen: Unzählige Bilder und Skulpturen wurden zerstört. Abgeschafft wurden die Verehrung der Heiligen, Wallfahrten, Marienfrömmigkeit, Fastentage etc. In den reformierten Kirchen wurde die Frömmigkeit karg und nüchtern. Ja, so Matthias Zeindler: die Reformierten setzten auf eine Spiritualität der Andacht und der Konzentration. Die vermeintliche Leere der Kirchen schaffte Platz für das, worum es eigentlich geht: Die Gemeinschaft mit Christus und das Vertrauen auf Gott, für ein Leben in der Liebe Gottes, das sich in tätiger Hingabe im Alltag der Welt bewährt. Aber brauchen Menschen nicht auch praktische Hilfen, um ihren Glauben mit dem Lebens-Alltag bewusst zu verbinden? Dass die Reformierten an dieser Stelle wenig für notwendig erklärten, macht die Offenheit für individuelle und aktuelle Entwicklungen so typisch reformiert, so Zeindler. Weil es für Reformierte keine heiligen Orte, Zeiten und Praktiken gibt, sind sie frei, je nach Herausforderung Übungen und Wege zu finden, die den Glauben stärken: Immer neue Lieder und Musikstile, das Wort der Bibel in vielfältiger Gestalt, von der Losung am Morgen bis zum Gottesdienst mit seinen Gebeten und Predigten.

    1h 11m
  2. DEC 7

    Luzia Sutter Rehmann: Feministische Spiritualität

    Im Spektrum der Spiritualitäten dürfen die feministischen Farben nicht fehlen. Daher ist Luzia Sutter Rehmann in dieser Folge zu Gast. Die Titularprofessorin lehrt Neues Testament in Basel und macht gleich zu Beginn deutlich, wie grundlegend die Bibel für feministische Spiritualität ist. Sie zeigt, wie die biblischen Geschichten von Frauen uns heute Kraft und Sprache verleihen, genau hinzuschauen, realistisch in die Welt zu blicken, ohne dabei den Mut zu verlieren. Kritisch gegenüber jenen Mächten sein, die ein Interesse daran haben, dass alles so bleibt, wie es ist; Menschen auf ihre ausstehende Befreiung aufmerksam und neugierig machen – das sind die biblischen Grundzüge feministischer Spiritualität. Berührenden Tiefgang entwickelt das Gespräch dort, wo es um die Erfahrung des Sterbens und eine traumasensible Spiritualität geht. Was hilft eine feministische Leseart der Auferstehungsgeschichten, wenn wir heute trauern? Wer kam auf die Idee, mitten in den traumatischen Jahren nach der Zerstörung Jerusalems (70 n.Chr.) ein Markusevangelium zu schreiben? Wie können wir weiterleben, wenn alles zerstört ist? Schliesslich interessiert Thorsten und Andi, wie ihre Gästin aus einer feministischen Interpretation der Johannesoffenbarung eine apokalyptische und hoffnungsstiftende Spiritualität entwickelt. Was sind Drachen und Dämonen? Warum fällt die neue Schöpfung nicht aus heiterem Himmel in unseren Schoss? Und was hat es mit den gebärenden Kräften der Erde auf sich? Eine Geist.Zeit Folge voll feministischer Impulse für eine standhafte und beherzt zupackende Spiritualität.

    1h 9m
  3. NOV 23

    Noa Zenger: Kontemplative Spiritualität

    Seit Jahren geschieht das früher Unvorstellbare: Zunehmend gewinnen klassische katholische Formen der Spiritualität wie die Exerzitien der Jesuiten Zulauf auch bei Reformierten. Längst ist es auch für Protestanten selbstverständlich, Meditationsübungen zu machen, Kontemplation für sich zu entdecken und nach geistlicher Begleitung zu fragen. Andi und Thorsten reden mit Noa Zenger, reformierte Pfarrerin, geistliche Begleiterin und Anleiterin von Kontemplation. Sie lassen sich von ihr erzählen, wie sie selbst die Faszination klassischer Formen der Spiritualität entdeckt hat. Tatsächlich sind die Ursprünge solcher Übungswege oft sehr viel älter als die reformierte und die römisch-katholische Kirche. Stille und Selbsterfahrung, Begleitung auf geistlichen Wegen der Reifung und die Erfahrung der Gottesliebe sind in der Christentumsgeschichte immer wieder entdeckt worden. Wenn reformierte Gläubige heute danach fragen und zunehmend Angebote in anderen und auch in ihrer eigenen Kirche finden, dann entdecken sie ein reiches Erbe christlicher Frömmigkeit. Passt kontemplative Spiritualität denn zur reformierten Konzentration auf die Bibel? Ja, so Noa Zenger, im Schweigen frei und offen für neues Hören zu werden, das passt ausgezeichnet zur reformierten Betonung der Bibel und der Freiheit des Einzelnen. Das gilt auch für die neue Faszination, die das Fasten für viele hat. Es war eine urreformierte Handlung in Zwinglis Zürich, sich im Froschauer Wurstessen 1522 gegen den religiösen Zwang zum Fasten aufzulehnen. Zugleich ist das freiwillige Fasten schon immer Teil vieler religiöser Wege gewesen, auch im Judentum und Christentum. Fasten ist nicht nur aus gesundheitlichen Gründen eine Option. Auch die geistliche Entdeckung innerer Freiheit kann für viele Menschen eine grosse Bereicherung sein, auch in den reformierten Landeskirchen.

    1h 5m
  4. NOV 9

    Jahreslosung 2026: «Gott spricht: Siehe, ich mache alles neu»

    Thorsten und Andi lassen die neue Jahreslosung 2026 sprechen. Wochenlang haben sie an den Worten aus der Johannesoffenbarung gearbeitet und eine Fülle an Impulsen, Ideen und Arbeitshilfen online gestellt. Ihre Begeisterung über die Botschaft von Gottes hoffnungsfroher Kreativität behalten sie nicht für sich. Die beiden Theologen nähern sich der Jahreslosung auf dem Weg eigener Erfahrungen. «Siehe, ich mache alles neu», das sind Kraftworte, die zunächst jenseits theologischer Reflexionen in ausweglosen Momenten tragen können. Von der Gegenwart geht es zurück in die Zeit gegen Ende des ersten Jahrhunderts, als der Seher Johannes die Worte der Jahreslosung kommunizierte. Sein Buch war Untergrundliteratur zum Widerstand gegen das mächtige Römische Reich und prophezeite dessen Untergang. Was will die Johannesapokalypse, was will sie nicht? Was ist die Faszination, die sie kulturgeschichtlich zum einflussreichsten Buch der Bibel machte? Leider wurde sie in der Geschichte des Christentums oft missverstanden als Endzeitfahrplan und missbraucht, um die Zeiger auf der Weltuntergangsuhr zu bestimmen. Andi und Thorsten versuchen, die Jahreslosung als Kriterium zu verstehen für das, was heute Hoffnung sein könnte. Denn das Neue ist genauso wie das Alte ein schillernder Begriff. Wie geht gutes Hoffen auf eine neue Welt jenseits von Erneuerungsfuror und Verklärung des Alten? Hoffnung stiften kann die Jahreslosung, weil Gottes Kreativität durch seine Liebe bestimmt ist. Sie erschafft weder willkürlich noch durch blinde Zerstörung, sondern zielt auf Kooperation mit allen Geschöpfen. Daraus ergeben sich neue Perspektiven auf die Art und Weise, wie Gott die Erde neu macht.

    1h 13m
  5. OCT 26

    Lea Hümbeli: Ekstatische Spiritualität

    Noch immer gehen manche davon aus, das Christentum befinde sich in einem Niedergang schrumpfender Mitgliedzahlen und sich leerender Kirchen. Weltweit gesehen stimmt das keineswegs. Das Christentum wächst. Vor allem eine Strömung wird immer grösser: Charismatische Bewegungen und Pfingstkirchen sind längst ein globales Massenphänomen, mit je nach Schätzung mit bis zu 600 Millionen Mitgliedern. Auch in Europa gibt es Zulauf, wenn auch in viel geringerem Masse als überall sonst. Die Gründe sind vielfältig. Nicht zuletzt dürfte es an der emotionalen und begeisterten Frömmigkeit liegen. Was ist das Geheimnis dieser Spiritualität der Ekstase? Darüber haben Andi und Thorsten mit der reformierten Theologin Lea Hümbeli gesprochen. Gemeinsam tragen sie Gründe zusammen, warum diese Art zu glauben für manche Menschen so anziehend ist. Charismatische Gottesdienste sind anders. Menschen, vor allem auch viele Jüngere, geniessen sie. Die Spiritualität bleibt nicht im Kopf. Sie durchdringt den ganzen Körper, entfacht tiefe Emotionen und wirkt wie ein Wärmestrom in der Kälte. Es werden aber auch Risiken und Gefährdungen diskutiert. Viele waren erstaunt, als sie sahen, wie stark die Stürmung des Kapitols am 06.01.2021 von solchen charismatischen Gruppen getragen war. In kaum einer religiösen Gruppe haben sich so viele als anfällig für christlichen Nationalismus erwiesen, z.B. auch in Brasilien. Woran kann das liegen? Was hilft gegen solche Versuchungen? Zuletzt führt das Gespräch zur Frage: Was könnten die Landeskirchen lernen? Was ist kulturelle Prägung, was Zeitstimmung, und was könnten geistliche Entdeckungen sein, die zumindest für manche eine Bereicherung wären?

    1h 10m
  6. OCT 12

    Uwe Habenicht: Grüne Spiritualität – Abtauchen in der Natur

    Zum Spektrum der Spiritualitäten gehört auch die Farbe Grün, finden Andi und Thorsten. Darum haben sie Uwe Habenicht als Gast zum Gespräch geladen. Der St. Galler Pfarrer schreibt nicht nur über Naturspiritualität, er praktiziert sie im «WaldGwunder» mit anderen und macht sie in Weiterbildungskursen erfahrbar. Und dabei geht es wahrlich um mehr, als einfach nur Bäume zu umarmen. «Schöne Erlebnisse in der freien Natur» sind die Hoffnungsquelle Nr. 1 für die Schweizer:innen. Das Podcast-Trio versucht zu verstehen, welche Bedeutung die Natur, die sich immer ambivalent zeigt, für Religion und Spiritualität haben kann. Denn anscheinend haben viel Menschen den Eindruck, dass die Kirchenräume zu eng sind, zu wenig durchlüftet, um in ihnen Erfahrungen der Gegenwart Gottes machen zu können. Was kann die Natur, was andere Räume so nicht können? Wie hilft uns die Begegnung mit der Natur, über uns hinauszukommen, um jenseits der Selbstfixierung neue Gotteserfahrungen zu machen? Uwe Habenicht gibt eine Reihe an konkreten Impulsen und Beispielen, die dabei helfen können, ein inneres und äusseres Hören und Achtsamsein in der Natur zu kultivieren. Denn das ist nötig, um die Verbundenheit mit Gott, der Welt und sich selbst auf andere Weise zurückzugewinnen. Schliesslich nimmt das Gespräch den Vorwurf der Blühwiesen- und Naturromantik auf, der auch von theologischer Seite gegenüber einer grünen Spiritualität geäussert wird. Lebenstaugliche Naturspiritualität, so Uwe Habenicht, muss weder kitschig noch naiv werden. Denn sie hält sich offen für Erfahrungen, in denen uns die Natur die bedrohte, leidvolle und sterbliche Dimension unseres Lebens erfahren lässt. Die Folge könnte Lust machen, grüne Spiritualität auszuprobieren. Am Ende kommen ein paar praktische Vorschläge, die Uwe Habenicht in einem eigenen Blogbeitrag noch ausführlicher entfaltet. Also … ab nach draussen!

    1h 10m
  7. SEP 28

    Fehlt uns die Mystik?

    Ist uns die Mystik verloren gegangen? So fragen in dieser Folge Andi und Thorsten nicht nur für sich selbst – sondern für die reformierte Kirche. Unter Mystik versteht man heute eine Intensivform des christlichen Glaubens, in der es um die unmittelbare Nähe bzw. Gegenwart Gottes geht. Diese Strömung ist sehr alt. Es gibt sie seit den ersten Jahrhunderten der Christenheit; länger als Kirchengebäude und Gesangbücher, theologische Fakultäten und Lehrbücher, Orgel und Kanzel. Entsprechend vielfältig ist sie. Und doch ist es immer wieder umstritten, was alles zur Mystik zählt und ob sie eine Vertiefung oder Verfälschung des Glaubens darstellt. Ist sie in der Reformierten Kirche heimisch, darf sie es sein? Thorsten und Andreas erinnern an den Schweizer Theologen und Schriftsteller Walter Nigg (1903-1988), der viele Bücher zu Themen wie Mystik und Spiritualität, Mönchtum und Heilige verfasst hat. Vielfach hat er beklagt: Die Kirchen haben diese intensive Form des Glaubens verloren. Im Versuch, der heutigen Zeit nahe zu sein, haben sie die Pflege der intensiven Nähe zu Gott und der Gottesfreundschaft zurückgestellt. Stimmt das? Andi und Thorsten gehen wesentliche Merkmale der Mystik durch und verbinden sie mit geschichtlichen Beispielen und eigenen Erfahrungen. Sie diskutieren auch das Recht der kritischen Anfragen an die Mystik und Fehlentwicklungen in ihrer Tradition. Und zuletzt finden sie: Die Mystik sollte der Kirche nicht einfach fehlen. Diese Spur sollte neu aufgenommen werden, wo sie gänzlich verlorengegangen ist.

    1h 13m
  8. SEP 14

    Hoffnung auf Standby

    Hoffnung ist heute eine heissbegehrte Mangelware. So stellen Thorsten und Andi auf dem RefLab-Podcast-Festival am 6. und 7. September 2025 in Zürich fest. Die beiden Podcaster erzählen zunächst die kleine Geschichte der Hoffnung. Denn Hoffnung hatte in der Vergangenheit öfters mal ein schlechtes Image und galt als kindlich, naiv und realitätsfremd. Ab Minute 36:00 dreht sich alles um christliche Hoffnung, die ihre Quelle in der Auferweckung Jesu Christi von den Toten hat. Aber wie entsteht Hoffnung für unsere Welt heute? Es genügt nicht zu sagen: «Ja, aber mit der Auferstehung Jesu hat eine neue Welt begonnen, alles wird gut.» Kirche sollte nicht lauthals behaupten, sie habe die Hoffnung, während es im Rest der Welt düster aussehe. Andi und Thorsten schlagen vor, die grossen und hochtönenden Hoffnungen erst mal auf Standby zu setzen. Stattdessen sprechen sie von den kleinen Schwestern der Hoffnung wie Trost- und Trotzkräfte, Stand- und Raumhalten. Es ist an der Zeit, die Fixierung auf ganz bestimmte Hoffnungsgüter zu lockern, um zu entdecken, dass Hoffnung mehr ist und tiefer geht. Sie ist eine Ahnung, ein Sinn für die Möglichkeit des Guten. Wenn der wach bleibt, fassen wir auch wieder konkrete Hoffnungen. Vielleicht nicht jetzt, aber eines Tages. 30 Minuten Bonusmaterial Diese Geist.Zeit-Folge ist länger als gewöhnlich. Denn das Publikum hat bei der live Aufnahme starke Fragen gestellt. Ab 01:00:30 beginnt daher eine halbstündige Q&A Session.

    1h 29m

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